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Kiuas: Reformation

Stil: Metal

Cover: Kiuas: Reformation

“Spirit of Ukko” war schon ein interessanter Einstand; der zweite Langspieler dieser Finnen führt die bisherige Linie fort und – wäre die Metalwelt gerecht – die Popularitätslisten vor überbewerteten Produkten diverser Landsmänner und –Frauen an.

Auch wenn kein Ton hier berechnend klingt – die Strategie ist zur Eroberung der Herzen geeignet. Kiuas („Ofen“ in der Landessprache) verbergen ihre Herkunft nicht: Präsente Keyboards und zuweilen frostiges Gepolter – jedoch typisch sauber und druckvoll mit offensichtlicher Betonung auf Metal in Szene gesetzt. Für die erwähnte Rasanz stehen die Nachbarn Wintersun vor allem hinsichtlich des ähnlichen Produktionssounds als Vergleich zur Verfügung, während skandinavisch-todestypisch kehlige Vokaläußerungen bis auf eine Ausnahme außen vor bleiben.

Einzigartig werden Kiuas durch ihre 80s-Attitüde, die sich im rockigen Gestus ihres Sängers äußert. Jalkanens spontane „Yeahs“ zieren genau die Hälfte der Stücke (habe gezählt), und sein Melodieverständnis lässt auf ein Studium vornehmlich schwedischen Melodic Metals schließen. Als raue Version passte der Kerl auch zu Nocturnal Rites, im seelenvollen, stark akustisch geprägten „Bleeding Strings“ gleitet er sogar annähernd über die instrumentale Basis wie Bruce Dickinson – nicht mit identischer Stimme, sondern vergleichbarem Ausdruck.

Als erstes Lied hat man sofort die unverbrauchtesten Riffs aus dem Proberaum zusammengeklebt – Unkonventionelles weckt Interesse und lässt ein spannendes Album erhoffen. Im Folgenden werden die Harmonien nachvollziehbarer, niemals aber abgeschmackt; diesen Vorwurf muss man nur den Standard-Synthieklängen machen. „Of Ancient Wounds“ hat einen bierseligen Refrain zum „Brothers“-in-die-Arme schließen, doch ansonsten regieren im besten Sinne eingängige und mit Klasse arrangierte Melodien.
Die meisten davon zünden und brennen lange, und so feurig ist auch die gitarristische Darbietung: Salovaara fackelt in „Heart of the Serpent“ ganze Tannenwälder ab, bereichert das rhythmisch verspielte „Through the Ice Age“ mit um Aufmerksamkeit buhlenden Licks und das düstere Titelstück mit nuancierter Stakkatobegleitung. Dieser Musiker rangiert ohne Zweifel im oberen Drittel der Genre-Platzhirsche mit sechs Saiten.

Mit so vielen Hooks und der erstklassigen Performance im Gepäck besteht die Hoffnung, dass Kiuas als eine der wenigen Gruppen ihres Labels die Spinefarm für verdiente höhere Weihen verlassen. Dazu mangelt es wohl bloß noch am richtigen Hit.

FAZIT: Positiv überraschende Mischung bekannter Zutaten zu etwas Eigenem: Power Metal und nordischer Death werden abgeschmeckt mit Freude an der Zubereitung und den entsprechenden Fähigkeiten. Kiuas haben das Kochbuch verinnerlicht, sie agieren nicht streng nach Rezept. Vertrauter Geschmack, aber eher wie bei Muttern zu Hause als im Fast-Food-Tempel.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008

Tracklist

  1. Race with the Falcons
  2. Through the Ice Age
  3. The New Chapter
  4. Of Ancient Wounds
  5. Child of Cimmeria
  6. Black Winged Goddess
  7. Heart of the Serpent
  8. Bleeding Strings
  9. Call of the Horns
  10. Reformation

Besetzung

  • Bass

    Teemu Tuominen

  • Gesang

    Ilja Jalkanen

  • Gitarre

    Mikko “Ilmarinen” Salovaara

  • Keys

    Atte Tanskanen

  • Schlagzeug

    Markku Näreneva

Sonstiges

  • Label

    Spinefarm/Soulfood

  • Spieldauer

    43:54

  • Erscheinungsdatum

    2006

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