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Mirror Of Deception: Shards

Stil: Doom

Cover: Mirror Of Deception: Shards

Die deutsche Doom-Altenriege um den umtriebigen Szeneunterstützer Jochen Fopp steht auch auf ihrem neuen Langspieler weder für nihilistisches Dröhnen, noch anbändelnde Kiffergrooves, die einem beide heuer als Stein der Genreweisen vertickt werden. MIRROR OF DECEPTION doomen verspielt an unverzögerter Eingängigkeit vorbei in Richtung Amerika. Ähnlich Revelation lassen sie sich Zeit, ohne in ihren Songs zu sehr abzuschweifen. Das macht Konsenskonsumenten das Hören mitunter langweilig, Insidern unbedingt langanhaltende Freude – gemein gesagt: dieser Doom ist gut, weil er abriebfrei vor sich hin dümpelt. In der Tat kann man verzückt dämmern und verloren gehen in diesen Songs, zumal auch vordergründige Zitate ausbleiben und nicht grinsend oder angeödet aufhorchen lassen – je nach eigenem Standpunkt zu musikalischer Retrospektive.

Modern sind die Süddeutschen natürlich nicht wirklich. Das Bassintro von „Ghost“ klingt programmatisch dumpf wie vor 30 Jahren, die Riffs sind vor allem in den ersten Stücken eingängig, und die Melodien tremolieren sich schlängelnd hindurch. Den Vocals fehlt Charisma, doch abwechslungsreich gestaltet sind sie, schon mal leidend bis schreiend in „Pyre“– und unaffektiert wie engagiert. Man bemüht sich nicht immer erfolgreich um große Hooks, doch kommen diese auch nicht zustande, so driftet die Band dennoch nie ins Mittelmaß ab. Dafür sorgen die Ankerpunkte des Albums, von denen aus man sich den Rest erschließen kann: „Swamped“ betritt Ozzys Solopfade in den Stiefeln von Wino, und „The Eruption“ ist keine solche, lädt aber genauso zum bangen ein wie „The Capital New“ Ein etwas flotteres Stück mehr dieser Art hätte dem Album gut getan. „Frozen Fortunes“ ist ein weiteres spätes Glanzlicht – das einzige mit klar herausgestelltem Solo und endlich der nötigen gesanglichen Eindringlichkeit.

Eine Mischung aus Enthusiasmus im Vortrag und Tristesse als Thema macht Veröffentlichungen in diesem Genre zur sicheren Bank und wird hier gefällig angerührt. Das Fehlen echter Hits verwehrt Außenstehenden den Einlass ins trügerische Spiegelkabinett; das Fehlen wirklich aufwühlender Gefühlsmomente verhindert eine Erhebung ins internationale Genre-Olymp, aber in der kargen Doom-Landschaft Dunkeldeutschlands spielen MIRROR OF DECEPTION weit vorne.

FAZIT: Die in den Songtiteln ausgedrückte Einsilbigkeit überträgt sich nicht auf die Musik von MIRROR OF DECEPTION. Ihr neues Album bietet unauffälligen, weder epischen noch platten Doom mit Langzeitwirkung und feinen Details, die sich nicht immer mitreißend auszahlen.

Punkte: 9/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.01.2008

Tracklist

  1. Haunted
  2. Ghost
  3. Swamped
  4. The Eruption
  5. Insomnia
  6. Dead Pledge
  7. The Capital New
  8. Pyre
  9. Frozen Fortune
  10. Enigma

Besetzung

  • Bass

    Andreas Taller

  • Gesang

    Michael Siffermann, Jochen Müle

  • Gitarre

    Jochen Fopp, Michael Siffermann, Andreas Taller

  • Schlagzeug

    Jochen Müle

Sonstiges

  • Label

    Cyclone Empire/Soulfood

  • Spieldauer

    55:54

  • Erscheinungsdatum

    2006

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