Mit ihrem vierten Album veröffentlichen AMAROK ein beeindruckendes Zeugnis ihrer kunstvollen und dennoch unprätentiösen Musik, die weitgehend akustisch gehalten ist, aber dennoch im Geiste des progressiven Rock fast verschwenderisch arrangiert wurde. Prinzipiell dem mediterranen Folk und altertümlichen Einflüssen verhaftet, weckt die Gruppe zu keiner Zeit kitschige New-Age-Assoziationen.
Marta Seguras zweisprachiger Gesang in Spanisch und Englisch steht im Mittelpunkt und vereint Natürlichkeit mit klassischem Duktus, wenn sie wie etwa im eröffnenden „Sephiroth“ einerseits als entrückte Schamanin gurrt, aber ebenso kontrolliert zur Melodiestiftung beiträgt. „Hermits“ bittet zum Tanz und stellt darüber hinaus Jazzrockbezüge und lyrisch-klagende Momente mit Flöte und Orgel in den folkigen Kontext. Bläser und Mellotron erscheinen auch in „Wendigo“, welches allerdings kraftvoller daherkommt – vornehmlich durch das wandelbare Organ der Leadsängerin. Auf die kurze Beschwörung „Mama Todorka“ folgt ein zwölfminütiges Epos von bedächtigem Aufbau. Damit subsummiert „Ishak The Fisherman“ die bisherig angeführten Komponenten des AMAROKschen Sounds, so dass „Eight Touts danach das Fröhliche herauskehrt und mit schallgedämpfter Trompete überrascht. „Hypnotized“ ist der zweite Long- und verspieltester Track des Albums; sein Ende ist beinahe technisch, misst aber nicht die allgegenwärtige Wärme. Nach „Heal“ - dem letzten einer handvoll Intermezzi – folgt der Höhepunkt mit „Transitory Times“: auch hier werden AMAROK der Wechselhaftigkeit nicht müde – Maultrommel und Schifferklavier umrahmen nebst jazzigem Silbengesang einen gediegenen Abschluss.
Insgesamt ist „Sol De Medianoche“ nicht gerade eingängig, was nur partiell an der Exotik des Spanischen liegt. Die Band verzichtet auf kompaktes Songwriting und lädt vielmehr zu ausladenden Exkursionen ins musikalische Südland ein. Langeweile kommt dabei nicht auf, Emotionalität ist durchweg gegeben, und schließlich ist die Umsetzung höchst kompetent. Ohne die Zwischenspiele und mit textlichen Erläuterungen wäre die Einfühlung sicher leichter.
FAZIT: Verschwenderisch, aber nicht effektheischend, orchestrieren AMAROK ihre Vision von Folk, etwas Jazz und Rock und ausreichend Feeling, um vielerlei Fanschichten anzusprechen. Die Höhepunkte der Platte erinnern an gezähmte Versionen vergessenen Progrocks wie Esperanto oder Capitolo 6.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.02.2008
Alan Chehab
Marta Segura
Robert Santamaria
Robert Santamaria
Renato DiPrinzio
Robert Santamaria (diverses), Manel Mayol (flute/v/didgeridoo), Mirela Sisquella (sax)
ProgRock
65:11
2007