Eine Band, die ihrem Namen alle Ehre macht: SIK(H). Nein, Spaß beiseite, „Sikhismus“ ist eigentlich eine aus Indien stammende Religion; der hier besprochene, französische Vierer hat trotz der Namensgebung nichts mit fernöstlich-religiösen Botschaften am Hut.
SIKH definieren ihre Musik als „neo-giga-brutalen“ Metal. Hinter dieser skurillen Wortneuschöpfung stecken eigentlich die üblichen Zutaten modernen Metals, als da wären KORN, entschärften SLIPKNOT, STAIND sowie CHIMAIRA und AS I LAY DYING (ein Schelm wer jetzt böses dabei denkt… ich sage nur „Irgendwas-core“). SIKH sind also nicht unbedingt revolutionär, manch einer mag „More of the same“ schreien, aber es lag schon bei den ersten Riffs von „The Quake“ auf der Hand, dass diese vier Franzosen mit ihrer breaklastigen Mischung aus fetten Gitarren und Mitgröhlrefrains voll auf die Zwölf gehen.
Das Bassspiel von Boz ist ungemein druckvoll, Nicos neumetallisches Riffing drückt schön groovig aus den Boxen, während Gael mit seinen überaus songdienlichen, treibenden Knüppelorgien ein starkes Fundament legt. Über Kals pausenloses Aggrogebrülle lässt sich hingegen streiten, wer nichts dagegen hat, dass man die melodiösen, ruhigen Parts in den 42 Minuten Spielzeit an einer Hand aufzählen kann, dürfte sich daran eher weniger stören.
Mal abgesehen von jeglichem Nu-Gehüpfe und „Metalcore-Buhrufen“, werfen SIKH mit ihrer bereits zweiten Scheibe ein überraschend frisches und energiegeladenes Holzhack-Album auf dem von zahllosen blassen Epigonen überschwemmten Markt. „One More Piece“ macht einfach einen Heidenspaß, man spürt, dass die Band nicht todernst genommen werden will, strahlt dabei aber – trotz des etwas lächerlich anmutenden Brutalo-Images – ein gewisses Charisma aus. Wer würde bei einem Livekonzert während „The Quake“ oder „Hammering The Sun“ nicht plötzlich in Versuchung kommen, wild drauflos zu pogen? Wer würde bei „Psychotro“ nicht mitgröhlen wollen? Und wer würde bei einem Titel wie „Slaves of The 70s“ nicht anfangen zu schmunzeln?
FAZIT: SIKH liefern mit „One More Piece“ bewährten Nu Metal(core) ab, der besonders den Fans dieses Genres – welche bisher immer über die übertriebenen Ernsthaftigkeit der anderen Acts jammerten – Spaß machen wird. Die Franzosen um Shouter Kal verstehen es einem gewissen Stil treuzubleiben, dessen Einflüsse (CHIMAIRA, KORN, STAIND) sehr leicht herausgefiltert werden können. Dabei versinken SIKH so gut wie nie in Weltschmerzballaden oder politischen Hasstyraden, sondern geben ohne Rücksicht auf jegliches Gepose ausschließlich Vollgas. Wer bisher aber nichts mit Metalcore und Konsorten anfangen konnte, wird um SIKH ebenso einen großen Bogen machen müssen. Zotige Neologismen wie „neo-giga-brutalo-Metal“ schrammen aber meiner Meinung nach haarscharf die Grenze zur Unglaubwürdigkeit…
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.11.2008
Boz
Kal
Kal, Nico
Gael
Drakkar Records / Sony BMG
42:17
21.11.2008