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Reviews

Delbert McClinton: Acquired Taste

Stil: Blues Country Americana

Cover: Delbert McClinton: Acquired Taste

«No Country For Old Men» schrieb Cormac McCarthy, und die Coen-Brüder machten einen, gleichzeitig elegischen und gewalthaltigen, sehenswerten Film daraus. Auf Musik kann sich der Titel nicht beziehen. DELBERT McCLINTON wird im November 69 und fühlt sich wohl im Country. Gewürzt mit Soul und unterlegt mit einer ganzen Wagenladung beseeltem Rhythm ’n Blues.
So präsentiert sich sein aktuelles Album. Garniert mit einem Hauch RANDY NEWMAN, was sowohl Musik wie Stimme betrifft. McCLINTON klingt erdiger, rauchiger als Newman, hat nicht ganz dessen sarkastisch-ironische Gestik drauf, sehr wohl aber das süffisante Finish. Dazu noch ein wenig TOM WAITS in seiner frühen klassischen Phase, aber mit sauberer Don Was-Produktion, und wir sind ziemlich nah dran.

„Acquired Taste“ haut keine Innovationen raus, aber McCLINTONs Traditionspflege überzeugt über weite Strecken. Vor allem die vom Piano beherrschten Balladen wie „Wouldn’t You Think (You Should Be There) oder „She’s Not There Anymore“ gehen zu Herzen. Das ist sehnsuchtsvoller Mitternachts-Bar-Blues mit genau jener Prise Traurigkeit, die so manchen Tresen zum Altar werden lässt.

Die schnellen Lieder sind etwas problematischer. Das funky „Do It“ geht voll in Ordnung und „When She Cries At Night“ klingt, als eine Art ELO spielen Powerblues, ganz witzig (etwas ähnliches hat ja RANDY NEWMAN mit „The Story Of A Rock And Roll Band“ ebenfalls als Hommage und Parodie zugleich gebracht). Aber der holprige Einstieg ins Album „Mama’s Little Baby“ ist ein atemberaubender Totalausfall. Glücklicherweise nach drei Minuten vorbei und gefolgt vom exzellenten Schleicher „Starting A Rumour“. Start ’n Skip ist obligatorisch. Aber McCLINTON weiß ganz genau “Trouble’s Alwas Easy To Find”. So können wir einem gelungenen Album mit wenigen Ausfällen nicht böse sein. Und wer mit einem Schlusssong wie „Out Of My Mind“ aufwarten kann, der hat bestimmt auch jenseits der 70 noch etwas zu erzählen.

FAZIT: Nostalgie ohne Katzenjammer, oder Katzenjammer in seiner berauschenden, konzertanten Form. „Acquired Taste“ liefert die Begleitmusik für eine mitternächtliche Session in der Marble City Bar.
Cool und mit viel Gefühl lädt DELBERT McCLINTON ein auf eine Reise durch Straßen, die dunkel sind nicht von der Nacht allein. Dezente Gitarren, fette Orgeln und perlende Pianoläufe; dazu diese gereift-rauchigen Vocals – alter Whisky in neuen Fässern, der äußerst bekömmlich ist. Über den einen, unbeholfenen Stomper am Anfang sehen wir, derart betört, gelassen hinweg.

Eine Kerze angezündet für den Gitarristen und Produzenten Stephen Bruton, der u.a. KRIS KISTOFFERSON, T BONE BURNETT, BONNIE RAITT, GEOFF MULDAUR und GENE CLARK begleitete, bzw. produzierte. Im Mai dieses Jahres starb er an den Folgen einer Krebserkrankung. Hier zu hören auf „Can't Nobody Say I Didn't Try”.

Zu beziehen über www.bluerose.de

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.09.2009

Tracklist

  1. Mama's Little Baby
  2. Starting A Rumor
  3. Can't Nobody Say I Didn't Try
  4. Never Saw It Comin'
  5. Do It
  6. I Need To Know
  7. People Just Love To Talk
  8. Until Then
  9. Willie
  10. Wouldn't You Think
  11. She's Not There
  12. When She Cries At Night
  13. Cherry Street
  14. Out Of My Mind

Besetzung

  • Bass

    Steve Mackay

  • Gesang

    Delbert McClinton, Rob McNelley (bv), Maxine & Julia Waters (bv)

  • Gitarre

    Delbert McClinton (acc.), Kevin McKendree, Rob McNelley, Stephen Bruton

  • Keys

    Kevin McKendree

  • Schlagzeug

    Lynn Williams, Tom Hambridge, Michito Sanchez (perc.)

  • Sonstiges

    Delbert McClinton (Harmonica), Dennis Taylor (Sax.)

Sonstiges

  • Label

    Blue Rose Records

  • Spieldauer

    47:34

  • Erscheinungsdatum

    21.08.2009

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