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Reviews

Joe Bonamassa: Live From The Royal Albert Hall

Stil: Blues Rock, R&B

Cover: Joe Bonamassa: Live From The Royal Albert Hall

Ich zäume angesichts fassungsloser Begeisterung -völlig unüblich- das Pferd von hinten auf und bringe das Resümee meiner Rezension gleich zu Beginn: JOE BONAMASSAs Live-DVD "Live From Royal Albert Hall" ist schlichtweg der Hammer! Leider werden DVDs bei uns nicht punktemäßig bewertet. Dieser Doppeldecker verdient allerdings die volle Punktzahl von 15/15 Punkten, denn Hinsicht musikalischer Qualität und Ausstattung ist dieses Live-Päckchen kaum noch zu toppen.

Am 4. Mai 2009 ging für JOE BONAMASSA ein lang gehegter Traum in Erfüllung: Er durfte nicht nur erstmals im Mekka des Blues-Rock, der altehrwürdigen Londoner Royal Albert Hall vor etwa 4.500 begeisterten Fans, spielen - nein, er durfte auch sein Idol seit frühester Kindheit, Mr. ERIC CLAPTON, auf die Bühne bitten. Seine erste Gitarre bekam der heute 32-jährige im zarten Alter von fünf Jahren von seinem Vater, ebenfalls ein Musiker, geschenkt. Zuvor hatte er mit Daddy einen Konzertfilm eines alten CREAM-Konzertes aus der Royal Albert Hall angeschaut und hatte danach Eric Claptons Gitarrenstil stundenlang studiert. Im Alter von sieben Jahren konnte er STEVIE RAY VAUGHANs epochales Album, "Texas Flood", Ton für Ton nachspielen. Da war ihm schon lange klar, dass er Guitarplayer werden und natürlich die Royal Albert Hall spielen wollte und musste. Ein weiteres Idol, B. B. KING, durfte er bereits wenige Jahre später supporten und der Altmeister nahm sich seiner väterlich an.
Sein erstes Solo-Album, "A New Day Yesterday" schlug ein, wie die sprichwörtliche Bombe. Bonamassa wurde schnell zur Speerspitze der "jungen Wilden" des Blues-Rock - dieser kleinen erlauchten Schar, die den Blues mit Hardrock zu verbinden gedachten. Die meisten dieser talentierten blutjungen Bluesmen sind mittlerweile wieder weg vom Fenster bzw. backen deutlich kleinere Brötchen. JOE BONAMASSA aber entwickelte sich ständig weiter, blieb nicht in der Ecke der "Blues-Haudraufs" stehen. Letztendlich war dieser harte Blues-Rock nichts als eine Modeerscheinung für die Blues-Schickeria. Spätestens 2006 steuerte er mit seinem daraufhin viel gescholtenen "You And Me"-Album vielschichtigere Ufer an und steigerte sich von Jahr zu Jahr. Ob "Sloe Gin" oder "Live From Nowhere In Particular", JOE BONAMASSA wusste immer wieder mit neuen Tönen zu überraschen. Sein Meisterstück lieferte er in diesem Frühjahr mit "The Ballad Of John Henry" [siehe unser Review!] ab - niemals zuvor hatte er mehr R&B in seinen Sound integriert. Die Qualität dieses Album wurde quasi mit dem Ritterschlag in der Royal Albert Hall geadelt.

Nun sind hier in Deutschland die Querelen um JOE BONAMASSAs nicht übertragenen Rockpalast-Gig im Juli 2009 noch nicht vergessen. Bona hatte sich geweigert, dass sein Auftritt aufgezeichnet und zwei Stunden später zeitversetzt im WDR ausgestrahlt werden konnte. Seine Begründung, die Übertragung schade dem Impakt dieser zu besprechenden DVD "Live From Royal Albert Hall" mutete damals geradezu albern an. Obendrein hat Bona dem Rockpalast einiges zu verdanken. Diese Aktion hatte ihn einige Popularitätspunkte in Deutschland gekostet, aber egal: Die Sache ist der berühmte "Schnee von gestern"...

DVD 1 beginnt mit einem kurzen Rückblick auf JOE BONAMASSAs Karrierestart mit uralten Fotos untermalt, ehe seine Aufwärmphase im Backstage-Bereich gezeigt wird. Nach dem stimmungsvollen Intro startet sogleich der Titelsong des aktuellen Albums "The Ballad Of John Henry". Man hört förmlich die Ketten dieses legendären Arbeiterführers rasseln, während der druckvoll-schleppende Rhythmus den Hörer augenblicklich fesselt. Sein Solo krönt Bonamassa mit dem Einsatz eines Guitar-Synthesizers. Mit "So It's Like That" steigt er tief in seine Anfangstage ein. Wunderbares Gebläse unterstützt den "neuen" JOE BONAMASSA und dessen Ausflüge in den R&B. "Last Kiss", einer der besten Songs von "... John Henry", groovt mörderisch los, was den beiden Drummern geschuldet ist. Stamm-Drummer Bogie Bowles wird diesmal durch Anton Fig ergänzt und die beiden sorgen für einen irren Dampf! Der folgende Cover-Song "Stop!", aus der Feder SAM BROWNs, passt bestens ins R&B-Konzept.
Dann bittet der junge Mann sein Idol auf die Bühne. Zu den Klängen des ersten Songs, den Bona auf der Gitarre spielen konnte, "Further On Up The Road", erklimmt der Urheber dieses Stücks, ERIC CLAPTON, die Bühne... und zeigt sogleich eindrucksvoll, warum man ihn "Old Slowhand" zu nennen pflegt. Bona und Clapton feuern sich nur so die Soli um die Ohren und haben offensichtlich sehr viel Spaß. Wahnsinnig geil präsentiert sich hinterher "High Water Everywhere" vom 2006er "You And Me"-Album, nur mit Bonas Akustischer und den beiden ethno-mäßig trommelnden Schlagwerkern arrangiert - schon live in Winterbach [siehe unser Review!] war dieser Song eines DER Highlights. Das stimmungsvoll ruhige "Sloe Gin" beendet das erste Set und statt einer Pause steht nun der ungeduldige DVD-Wechsel an.

DVD 2 startet nach einem erneuen Blick in den Rückspiegel. Mit dem "Lonesome Road Blues", auch hier ist wieder ein prickelnder Bläsersatz zu hören, vom aktuellen Album findet die Energie geladene Band sofort den Anschluss an das erste Set. Die Ballade "Happier Times" bezeichnet JOE BONAMASSA gerne als eines der Stücke, die ihm besten gelungen seien... und... so ist es! Eine weitere Legende betritt nun die Bühne: Mr. PAUL JONES, der erste Sänger MANFRED MANNs, verleiht "Your Funeral My Trial" seine glühende "Hoochie". Auch der Slow-Blues "Blues DeLuxe" präsentiert sich im R&B-Outfit und dieses kommt verdammt gut an. Große Begeisterung unter den 4.500 Anwesenden als "Story Of A Quarryman" angestimmt wird. Was Bona seiner güldenen 'Gibson Les Paul Gold Top' entlockt, vermag reihenweise Kinnladen herunterzuklappen. Der Slow-Blues "The Great Flood" läutet die Zielgerade ein, zu der sich JOE BONAMASSA eine 'Flying V' umschnallt. "Just Got Paid" brennt ein gigantisches Feuerwerk, das die Zuschauer zu Standing Ovations von den Sitzen reißt, ab.
Die Zugaben, "Mountain Time" und "Asking Around For You", setzen der Begeisterung das verdiente Sahnhäubchen auf. Ersterer steigert sich nach verhaltenem Beginn zu einem schönen Rocker, während Letzterer noch einmal den "neuen" JOE BONAMASSA mit lupenreinem Chicago-Blues zeigt. Warum man die im Bonus-Material enthaltene akustische Nummer "Woke Up Dreaming" nicht im regulären Set belassen hat, bleibt das Geheimnis der Verantwortlichen. Diese Nummer war auch in Winterbach einer der Höhepunkte der Show. Eine weitere "Zugabe" ist ein Interview mit Bona im Tourbus, in dem er für seine Fans einige Songs der Setliste samt Hintergrundinfos vorstellt.

FAZIT: "Live From Royal Albert Hall", ein in ein wunderschönes Digipack gewandetes und einem richtig dicken Booklet ausgestattetes Doppel-DVD-Package, stellt JOE BONAMASSAs Ritterschlag zum "Blues-Adeligen" dar - er ist nun verdientermaßen einer der ganz Großen. Erstklassig gefilmt und soundtechnisch in Bestform ist diese DVD ein Pflichtkauf, der in jede halbwegs ambitionierte Blues-Sammlung gehört. JOE BONAMASSA hat sich damit selbst ein Denkmal gesetzt. Respekt!

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Sound Formate: Dolby Stereo, 5:1, DTS
Bildfomat: 16:9
Regionalcode: 0
FSK: frei

Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.10.2009

Tracklist

  1. DVD 1:
  2. The Road To The Royal Albert Hall
  3. Django
  4. The Ballard Of John Henry
  5. So It's Like That
  6. Last Kiss
  7. So Many Roads
  8. Stop!
  9. Introducing Eric Clapton
  10. Further On Up The Road
  11. High Water Everywhere
  12. Sloe Gin
  13. DVD 2:
  14. I First Met B.B. King
  15. Lonesome Road Blues
  16. Happier Times
  17. Introducing Paul Jones
  18. Your Funeral My Trial
  19. Blues Deluxe
  20. Story Of A Quarryman
  21. The Great Flood
  22. Just Got Paid
  23. Mountain Time
  24. Asking Around For You
  25. Bonus:
  26. Woke Up Dreaming
  27. Joe Bonamassa Interview

Besetzung

  • Bass

    Carmine Rojas

  • Gesang

    Joe Bonamassa

  • Gitarre

    Joe Bonamassa, Eric Clapton (Special Guest)

  • Keys

    Rick Melick

  • Schlagzeug

    Bogie Bowles, Anton Fig

  • Sonstiges

    Paul Jones (Special Guest: Harmonica), Lee Thornburg (Trumpet), Sean Freeman (Saxophone), Mike Feltham (Trombone)

Sonstiges

  • Label

    Provogue Records

  • Spieldauer

    DVD 1 56:04, DVD 2 75:56

  • Erscheinungsdatum

    25.09.2009

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