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Reviews

Megadeth: Endgame

Stil: Thrash Metal

Cover: Megadeth: Endgame

Während die Bandmitglieder von METALLICA und ANTHRAX in ihren jeweiligen Proberäumen zusammensitzen und gemeinsam sinnieren, wie sie auf dem nächsten Album musikalisch ihre mentale Verweichlichung ausdrücken können, kratzt sich Dave Mustaine an seiner roten Beinbehaarung und macht sich ein weiteres Dosenbier auf, denn er weiß genau, dass er immer noch metal ist. 26 Jahre nach der Veröffentlichung des Albums, das er praktisch im Alleingang geschrieben hatte, aber nicht an dessen Aufnahmen beteiligt sein durfte, rechnet sich seine Rache nach dem Erfolg mit „United Abominations“ schon wieder: MEGADETH ist immer noch cool und seine früheren Kollegen (z.B. METALLICA) schon lange nicht mehr.
Zudem zieht er auch noch den wohl technisch ausgereiftesten Saitenhexer der Metalwelt, Chris Broderick (Ex-JAG PANZER, Aushilfs-NEVERMORE), an seine Seite, um zu zeigen, dass er noch längst nicht ausgeblutet ist.

Nicht einmal vor seinem neuen, ehrwürdigen Bandkollegen schreckt er zurück und liefert sich mit ihm im ersten Song der neuen Scheibe „Dialectic Chaos“ ein Duell auf der Gitarre, das sich gewaschen hat und nahtlos in die erste Kampfansage übergeht: „This Day We Fight!“ spricht er mit gespitzten Lippen unmissverständlich hinter seiner karottenfarbenen Lockenpracht aus.
Auch die folgenden Tracks lassen nicht locker, bis bei „The Hardest Part Of Letting Go…“ ein ruhiges Intro auftaucht (Anm. d. Red.: Hoffentlich ‚singt’ er das nicht live…). Doch nach nahezu zwei Minuten kommt die Erlösung in Form eines knackigen Krachers im Midtempo, der dann wieder balladesk ausklingt.
Darauf folgt der „Headcrusher“. Und wer das Album schon eine Weile sehnsüchtig erwartet hatte und somit auch die Vorveröffentlichung dieses Songs kennt, weiß, dass sich hinter diesem verräterischen Namen ein saftiges Rindersteak ohne überflüssige Gemüsebeilage versteckt.
Thrashig geht es dann schließlich weiter und hört mit „Nothing Left To Lose“ gemäß des MEGADETH-Selbstverständnisses auch so auf.

Das Album strotzt (wie auch seine Vorgänger) nur so vor aggressiver Energie. Wer Dave Mustaine kennt, weiß, dass er nicht leise ist – und dumm schon gar nicht! Sagt über sich selbst „I’ve never been known to be a silent bystander in a world that needs our participation.” Was steckt also hinter diesem Aufschrei?
Kürzlich wurde ein Dokument des ‚U.S. Department of Homeland Security Bureau of Immigration and Customs’ veröffentlich, das die Entfernung aller illegaler Einwanderer aus den Vereinigten Staaten bis 2012 anstrebt. Der Name des Projekts: „Operation Endgame“. Ein gefundenes Fressen für Dave…

FAZIT: Manch einer fragt sich an dieser Stelle, warum Dave Mustaine dafür Chris Broderick mit ins Boot geholt hat? Keine Spur von seinen herausragenden Fähigkeiten auf der klassischen Gitarre; die Vergangenheit bei JAG PANZER und die Ausflüge nach NEVERMORE sind kaum zu vernehmen. Das stimmt komischerweise so gar nicht mit den Interviews überein, in denen Herr Mustaine immer wieder bekräftigt hat, wie sehr er sich geehrt fühlt, mit solch einem grandiosen Gitarristen zusammenarbeiten zu dürfen. Viele Fans hatten sich durch solche Aussagen* vermutlich eine stahlharte Legierung aus Mustaines beinhartem Songwriting und Brodericks technischer Perfektion erhofft, die letztendlich wohl eher ernüchternd ausgefallen ist.
Seis drum: „Endgame“ ist eine astreine MEGADETH geworden und findet sich irgendwo zwischen der Eingängigkeit von „Youthanasia“ und der Rafinesse von „Rust In Peace“ als vermutlich stärkste Platte seit dem Knüller aus dem Jahre 1990 wieder.

*Bsp.: „With this album I am also very excited to be introducing my new lead guitarist Chris Broderick to the world. I have always felt lucky to have had top shredders in that position but after touring with Chris in support of my last album, I couldn’t wait to get into the studio and see what he could do.” – Dave Mustaine

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.09.2009

Tracklist

  1. Dialectic Chaos
  2. This Day We Fight!
  3. 44 Minutes
  4. 1,320
  5. Bite The Hand That Feeds
  6. Bodies Left Behind
  7. Endgame
  8. The Hardest Part Of Letting Go... Sealed With A Kiss
  9. Headcrusher
  10. How the Story Ends
  11. Nothing Left To Lose

Besetzung

  • Bass

    James LoMenzo

  • Gesang

    Dave Mustaine

  • Gitarre

    Dave Mustaine, Chris Broderick

  • Schlagzeug

    Shawn Drover

Sonstiges

  • Label

    Roadrunner Records

  • Spieldauer

    44:44

  • Erscheinungsdatum

    11.09.2009

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