Als ehemalige Schülerband den Durchbruch zu schaffen, kann Fluch wie Segen gleichermaßen sein. Einerseits wird man wohl selbst im gesetzten Veteranenalter noch als pausbäckiges I-Dötzchen missverstanden - man frage nur mal den guten Henning und seine H-BLOCKX, deren Street-Credibility-Gepose stets eher etwas Süßes als etwas Böses an sich hatte. Andererseits hat das Everybody’s Darling-Image dann den Kehrteffekt, dass niemand so wirklich böse wird, wenn mal was daneben geht.
Für den Stil, den die SHENANIGANZ zocken, kann das nur förderlich sein, denn der lebt unüberschaubar vom Spaß an der Freude. Die hauseigens benannte Marke “Bad Ass Rock’n Roll” beinhaltet eine ordentliche Portion alte Helden, getrimmt auf ultramodern. Der Effekt: Mitunter klingt die junge Band aus Oberbayern wie eine vitale Reinkarnation von Aerosmith und den Rolling Stones. “Open Your Eyes Or Cover Your Head” ist bis oben hin vollgepackt mit rotzigen Ideen und guter Laune.
Alleine die Trackanzahl verrät viel über die Arbeitsweise der Süddeutschen. Lieber mal ein paar Einfälle mehr verbraten, als jedes einzelne Ding auf Perfektion zu trimmen. So tummeln sich gleich 14 Songs auf einer Fläche von gut 50 Minuten Spielzeit, jeder mit eigenem Charakter, obwohl alle gemeinsam haben, vor allem gut rocken zu wollen. Hier tanzt mal der Blues mit der Mundharmonika, da feiert der Gospel mit der Orgel und Rasseln geben den perkussiven Rhythmus vor. In der ulkigen Heimatode “Bavaria” (ist in doppelter Geschwindigkeit am Ende des Albums nochmals als Hidden Track vertreten) werden dank der gefeatureten “Biermoesl Blosn” sogar trompetenlastige Volksmusiktöne produziert, die auf punkige SUM 41-Gitarren stoßen. Das ist zwar nichts, was man nicht auch schon von STATIC-X (bezüglich der Verarbeitung des Kuriositätenwertes bajuwarischer Schunkelmusik) oder den Bundeslandgenossen EMIL BULLS (bezüglich der Huldigung der eigenen Herkunft) kennen würde, aber irre bleibt es trotzdem.
Die Gitarrenarbeit folgt im Grundaufbau ebenso wie das Schlagzeug zwar den Regeln des klassischen Blues- und Hardrock, nimmt daraus aber einen modernen Schwung in moderne Alternative Rock-Sounds. Herzstück der Experimentallust ist jedoch die Arbeit mit dem Gesang. Doppel- und Dreifachspuren (fast in jedem Song zu finden), instrumentalfreie Sololäufe (“Brand New Chucks”), Tatata;- Tututu;- und Tikitikitiki-Wortdehnungen (“Change”) und Überlagerungen (“Nowadays”) gehören zum umfangreichen Repertoire der Gesangsabmischung.
Highlights herauszustellen ist schwierig, da so ziemlich jeder Song Ohrwurmqualitäten aufweisen kann (von jener Sorte Wurm wohlgemerkt, die man nicht ungerne im Ohr trägt). Eine Hervorhebung verdient haben meines Erachtens das Jukebox-artige “Because I Am” sowie der Abschluss “Nowadays”, der mit seiner Bluegrass-Ausrichtung eine wunderhübsche Sonnenuntergangsstimmung zaubert, um dann in ein fast noisiges Gitarrengewitter zu münden.
FAZIT: Ein weiteres Album, das nicht gerade das Rad der Musik neu erfindet, dafür aber sehr glücklich klassische AEROSMITH-Zutaten mit modernen Sounds rückkoppelt und daraus ein erfrischendes Gebräu gewinnt, das mit seinem jugendlichen Leichtsinn wahrhaft ansteckt. Schon der Vorgänger “Four Finger Fist Fight” hatte überwiegend wohlgesonnene Kritiken einheimsen können; es besteht kein Grund, von diesem Trend abzuweichen.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.03.2009
Tobay Reich
Georg Raig, Daniel Rehbein
Georg Raig, Daniel Rehbein
Dom Rehbein
SPV / Silverwolf Productions
53:54
13.03.2009