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Siegfried: Nibelung

Stil: Epic Metal

Cover: Siegfried: Nibelung

Viel Kritik mussten SIEGFRIED für ihre beiden ersten Alben einstecken, nicht immer gerechtfertigt. Zugegeben, die Kombination aus heftigen Metal-Riffs mit aggressivem Gebrüll und epischen Passagen mit heroischem Wechselgesang zwischen männlicher und weiblicher Stimme, vorgetragen in deutscher Sprache, klang schon recht ungeschliffen oder vereinzelt gar ein wenig holprig, der „Gesang“ von Bruder Cle gewöhnungsbedürftig und die Melodien manchmal kitschig. Aber gerade diese Mischung machte den naiv-romantischen Charme aus, war zudem sehr eingängig gestaltet und warf einige richtig tolle Hymnen ab. Nur schienen sich die Kritiker irgendwann einfach auf die Band eingeschossen zu haben. Trotzdem kehren SIEGFRIED nach sechs Jahren in fast unveränderter Besetzung zurück. Lediglich die Rhythmusabteilung wurde ausgetauscht, alle wichtigen Mitglieder, also Komponisten, Texter und die drei verschiedenen Gesangsstimmen halten der Band weiterhin die Treue (um gleichmal in den Nibelungen-Jargon einzusteigen). Das macht deutlich, dass die Musiker hier wirklich mit Herzblut und aus Überzeugung bei der Sache sind.

Vielleicht werden ja nun auch einige Kritiker verstummen, denn SIEGFRIED haben sich doch hörbar verändert und gehen weitaus komplexer und orchestraler zu Werke. Früher wurden die Keyboards eher nur zur Unterstützung der Gitarren eingesetzt, auf „Nibelung“ nehmen sie eine Hauptrolle ein. Allerdings weitaus vielschichtiger als bisher, anstatt lediglich flächige Streichersounds zu verwenden, gibt es nun komplette Orchestrierungen zu hören, vor allem düstere Horn- und Bläserklänge. Das erinnert desöfteren an Soundtracks wie „Der Herr der Ringe“ und passt natürlich hervorragend zu den Sagengeschichten der Nibelungen. Ebenso wirken die Songstrukturen und Arrangements aufwändiger, es passieren nicht nur mehr Dinge gleichzeitig, sondern auch im Verlaufe eines Tracks gibt es immer wieder kleine Wendungen, orchestrale Zwischenspiele und viel Abwechslung. Auch die Gitarren- und Rhythmusarbeit kann diesmal absolut überzeugen. Insgesamt wirkt „Nibelung“ tatsächlich weniger wie eine eine Sammlung von einzelnen Songs, sondern eher wie ein Soundtrack. Dazu passt, dass man sich diesmal ausschließlich auf die Nibelungen-Sage konzentriert und anscheinend auch grob chronologisch vorgeht (dem Rezensionsexemplar liegen keine Texte bei).

Leider wird der Mix dieser Vielfalt nicht ganz gerecht. Der Sound ist nicht schlecht, es fehlt jedoch teilweise die klare Linie und Ordnung im Klangbild. Auch die Stimmen wurden leider nicht genug in den Vordergrund gestellt, so dass sogar die deutschen Texte manchmal nur schwer zu verstehen sind. Zudem klingen die verwendeten Melodien oft weniger eingängig als früher und wirken beim ersten Hören eher sperrig. Insgesamt wurden dadurch leider die früheren Hitqualitäten ein wenig reduziert, man muss sich den Zugang zu „Nibelung“ erst erarbeiten. Andererseits klingen SIEGFRIED aufgrund dieser anderen Herangehensweise aber auch weitaus weniger kitschig und pathetisch, was für den ein oder anderen Hörer früher ein Ausschlusskriterium gewesen sein dürfte.

Nach und nach entpuppen sich dann doch noch einige Stücke als kleine Hits, vor allem aufgrund der starken Gesangsleistungen und der hauptsächlich eingesetzten melodischen Stimmen. Bruder Cle hält sich deutlich zurück und wirkt nicht mehr so oft wie ein Störfaktor oder Fremdkörper. Wo er früher zu oft stumpf brüllte und schrie, ist jetzt größtenteils nur ein heiseres Flüstern oder Kreischen zu hören. Stellenweise passen seine Vocals sogar wirklich gut, wie als durchdrehender Drache Fafnir oder Zwerg Alberich mit tiefen Growls. Trotzdem ist es erfreulich, dass er seine Texte auf „Nibelung“ oft den anderen beiden überlässt und sich nur noch auf gelegentliche Einsätze beschränkt. So kann vor allem das bombastische „Brunhild“ begeistern, bei dem Sandra Schleret einen wunderbar intensiven ersten Refrain singt, der sich in einen zweiten steigert, bei dem Werner Bialek mit einer Art Mönchschor-Arrangement einsteigt. Vor allem Sandra Schleret sorgt wieder ein ums andere Mal mit ihrer „Kriemhild-Personifizierung“ für Gänsehaut. Sie zeigt bei SIEGFRIED eine ganz besondere Facette ihres Könnens und singt sehr dramatisch, eindringlich und leidenschaftlich, oft auch mit leicht rauer Stimme. Manchmal klingt sie fast unheimlich, wie eine Hexe oder ein Racheengel, ein anderes Mal wieder verzweifelt („Totenwacht“) oder sehr ergreifend, wie im abschließenden „Die Götterdämmerung“. Gerade dieser unverwechselbare Ausdruck in ihrem Gesang packt den Hörer und macht viele anfangs sperrig wirkende Tracks zu Treffern.

FAZIT: SIEGFRIED haben die lange Pause hörbar genutzt, „Nibelung“ klingt deutlich aufwändiger und vielschichtiger als das frühere Material. Viele Kritikpunkte der Vergangenheit gehören derselben an, so dass auch bisherige SIEGFRIED-Verächter auf jeden Fall einmal unvoreingenommen reinhören sollten. Zwar hat man die Eingängigkeit teilweise zu Gunsten einer komplexeren Herangehensweise geopfert, trotzdem bleiben die typischen Elemente erhalten, so dass auch alte Fans kein Problem mit dem neuen Album haben sollten.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.11.2009

Tracklist

  1. Der Ring der Nibelungen
  2. Fafnir
  3. Die Eisenfaust (Alberich)
  4. Die Prophezeihung
  5. Brunhild
  6. Sachsensturm
  7. Totenwacht
  8. Der Todesmarsch
  9. Die Götterdämmerung

Besetzung

  • Bass

    Johannes Leierer

  • Gesang

    Sandra Schleret, Werner Bialek, Bruder Cle

  • Gitarre

    Daniel Bachmaier

  • Keys

    Hannes Krause

  • Schlagzeug

    Patrick Schrittwieser

Sonstiges

  • Label

    Napalm Records

  • Spieldauer

    43:17

  • Erscheinungsdatum

    27.11.2009

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