Am 22.01.2010, also in weniger als drei Wochen, erscheint das neue ORPHANED LAND-Album „The Never Ending Way Of Orwarrior“ – Grund genug also, sich das Meisterwerk „Mabool“ aus dem Jahre 2004 noch einmal vor die Brust zu nehmen. Zwar konnte die Band für dieses Album reichlich Lob einfahren, doch die Aufmerksamkeit, welche ein Werk dieses Kalibers eigentlich verdient hätte, wurde „Mabool“ leider nicht zuteil. Sehr schade, denn ORPHANED LAND aus Israel haben nicht weniger als ein epochales Werk wahren Crossovers geschaffen. Vollkommen spielerisch verbinden die Israelis um Kobi Farhi Doom Metal mit orientalischer Folk-Musik, mit Gothic- und Death-Einflüssen zu einem progressiven Meisterwerk. AMASEFFER haben sich 2008 mit „Slaves For Life“ an Ähnlichem versucht, konnten aber höchstens ansatzweise zum Original aufschließen.
„Mabool – The Story Of The Three Sons Of Seven” ist ein Album, das wächst und wächst und niemals langweilig wird. Lyrisch monumental besingt man die drei großen monotheistischen Weltreligionen (Judentum, Christentum, Islam). Auf Englisch, Latein, Hebräisch und Jemenitisch-Arabisch setzen sich ORPHANED LAND ganz nebenbei für interkulturellen Austausch und vor allem Toleranz zwischen religiösen Systemen ein, die sich in der Menschheitsgeschichte nur selten kompatibel gezeigt haben.
Musikalisch geht es bunt zu, wobei das Songmaterial trotz der Vielzahl unterschiedlicher Stile unheimlich homogen klingt. Melodischer Doom-Death trifft auf orientalische Frauen-Chöre, Bouzouki, Oud, Violine, Cello und Piano vermengen sich feurig mit harten Metal-Riffs zu einer exotischen Gewürzexplosion. Episch-schwelgerische Gitarrensoli versetzen in spirituelle Ekstase, während Death-Growls mit traditionellem, folkloristischem Liedgut und akustischen Tramreisen Hand in Hand gehen – musikgewordene Völkerverständigung ist das in absoluter Vollendung. Es wird komplex musiziert und dennoch bleibt die Musik zugänglich, ohne mit abgedroschenem Strophe-Refrain-Mustern zu arbeiten. ORPHANED LAND ist somit ein echtes Kunstwerk gelungen und es bleibt fraglich, ob die Israelis unter der Regie von PORCUPINE TREEs Steven Wilson in diesem Jahr wieder zu solcher Höchstform auflaufen können. Zu hoffen bleibt es.
FAZIT: Mit „Mabool“ haben ORPHANED LAND seinerzeit einen Klassiker eingespielt. „The Story Of The Three Sons Of Seven“ ist ein gänsehauttreibendes Breitwand-Meisterwerk, das wie selbstverständlich eine Brücke schlägt zwischen arabischer Musik und westlichen Metal-Klängen. Dieses Album als aufgeschlossener Musikliebhaber nicht zu besitzen, das ist ein Versäumnis, ein grober Frevel. Punkt.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.01.2010
Uri Zelcha
Kobi Farhi, Shlomit Levi
Yossi Saharon, Matti Svatizki
Eden Rabin
Avi Diamond
Yossi Saharon (Buzuki, Oud, Saz), Eden Rabin (Piano), Avi Agababa (Perc), Oren Koren (Violine), Noam Wiesenberg (Cello)
Century Media
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23.02.2004