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Shining (Nor): Blackjazz

Stil: Blackjazz

Cover: Shining (Nor): Blackjazz

Kenner werden es wissen, aber Unkundigen sei gesagt, dass es sich bei diesen SHINING nicht um die schwedischen Rasierklingen-Blut-Suizid-Skandalnudeln um Quarkfurz handelt. Während jene versuchen, primär mit ihrem Gewalt- und Schocker-Image aufzufallen (obwohl sie es anhand ihrer mehr als passablen Musik gar nicht nötig hätten!), gelingt es der hier vorgestellten Combo spielend leicht, einzig und allein mit ihrer herrlich kranken Musik für offene Münder zu sorgen. Hier sind die Schallwellen die Rasierklingen, hier ist der Sound die Gewalt, und an Suizid werden bestenfalls Musiker denken, die nach den ersten Instrumentaleskapaden SHININGs resigniert ihre Klangerzeuger aus dem Fenster werfen.

Das Quintett um Sänger, Gitarrist und Saxophonist Jørgen Munkeby dreht des Hörers Gehirn mit seinem fünften Album komplett auf links, und es ist eine wahre Freude, dem ungeheuer unbequemen Treiben beizuwohnen. Mit einer höllischen Intensität und gnadenloser Kompromisslosigkeit springt einem ein extrem aggressiver, kratziger Psycho-Bastard aus mathematischen Exkursen, Industrial, zappaesken Sounds, jazzigsten KING CRIMSON, Black Metal, Avantgarde, Fusion, Free Jazz, Science Fiction, Space Rock, militärischer Präzision, wüstem Krach und so einigen undefinierbaren Elementen mit dem nackten Arsch voran mitten ins Gesicht. Dabei stecken die Songs voller Überraschungen, und nicht selten passiert es, dass Kakophonie abrupt von schönen Klängen abgelöst wird – nur, um nach dem nächsten schmutzaufwirbelnden Sturm wieder die totale Verwüstung vorzufinden.

Sicherlich braucht man für „Blackjazz“ eine gewisse Affinität zu unkonventionellen Sounds, ebenso darf man hier, obwohl die Stücke im Vergleich zu den Vorgängeralben „In The Kingdom Of Kitsch You Will Be A Monster“ und „Grindstone“ durchaus als zugänglicher zu bezeichnen sind, keine gängigen Songstrukturen erwarten, doch wenn einem beispielsweise kaputte Tonschöpfungen solcher Künstler wie MIKE PATTON, JOHN ZORN, ZACH HILL und Konsorten nicht weh tun, bieten SHINING dem masochistisch veranlagten Musikfan die verdiente und erwünschte Tracht Prügel, sodass man nach dieser Tortur völlig fertig und geplättet, aber auch glücklich blutend auf dem Boden liegt. Beim Rausschmeißer dieses Jørgen Munkeby produzierten, von Sean Beavan gemixten, von Tom Baker gemasterten und dadurch fettest bratenden Albums, dem KING CRIMSON-Cover „21st Century Schizoid Man“, mag man sich zwar zuerst fragen, ob es wirklich eine viertausendsechshundertdreiundfünfzigste Version dieses Klassikers braucht, doch nach dem Genuss der blackjazzifizierten Fassung dieses Stücks bleiben keine Fragen mehr offen.

FAZIT: „Blackjazz“ bietet Musik von Kaputten für Kaputte, die sämtliche Standards umschifft, und die für die einen chaotischer Nonsens und Krach sein wird, aber in den Ohren anderer Musikkonsumenten ein stimmiges Sammelsurium genialer Ergüsse ist. Drei mal dürft ihr raten, zu welcher Spezies sich der Verfasser dieser Zeilen zählt.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.01.2010

Tracklist

  1. The Madness and The Damage Done
  2. Fisheye
  3. Exit Sun
  4. Exit Sun
  5. Healter Skelter
  6. The Madness and The Damage Done
  7. Blackjazz Deathtrance
  8. Omen
  9. 21st Century Schizoid Man

Besetzung

  • Bass

    Tor Egil Kreken

  • Gesang

    Jørgen Munkeby

  • Gitarre

    Jørgen Munkeby, Even Helte Hermansen

  • Keys

    Bernt Moen

  • Schlagzeug

    Torstein Lofthus

  • Sonstiges

    Jørgen Munkeby (Saxophon), Grutle Kjellson (Guest Vocals)

Sonstiges

  • Label

    Indie Recordings

  • Spieldauer

    57:19

  • Erscheinungsdatum

    29.01.2010

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