SIGH haben zum ersten Mal ein Album veröffentlicht, das dem vorhergegangenen stark ähnelt. Somit bleibt die Mischung aus orchestralen Elementen und primitivem Eins-Zwei-Blackthrash erhalten - auf gleich hohem Niveau, versteht sich.
Dies betrifft sowohl die Schubkraft und Nachhaltigkeit der Songs als auch die musikalische Qualität. Mirais Ideenfundus speist sich nach wie vor und für die japanische Herkunft wundersamerweise ausschließlich aus westlichem Kompositions- und Harmonieverständnis. Die asiatische Quartenverliebtheit bleibt außen vor; allenfalls der überkandidelte rastlos-hektische Charakter von SIGH legt die geographische Zuordnung ins Land der aufgehenden Sonne nahe, so sie in ihrer Klischeeträchtigkeit gleichwohl zu kurz gegriffen erscheint (Mädchenschlüpfer aus Automaten, Visual Kei ... ihr wisst schon).
Im Einzelnen bedeutet dies: SIGH sind nach wie vor die beste Verbindung aus Sixties-Porno-Soundtrack, Hippie-Experimentierfreude und Speed Metal der frühen Schule (Exciter und immer wieder die -om-Protoblackmetaller aus Birmingkirchen bzw. Gelsenham). "The Summer Funeral" durchläuft verschiedene Gemütszustände und stimmt wahrlich orgelig auf den Friedhofsgang ein. "L'Art De Mourir" erinnert motivisch an "Fiddler on the Roof" und prescht ebenso fix voran wie "The Soul Grave", das allerdings mit verschwitztem Funk und Gitarren en masse aufwartet, falls man sich das vorstellen kann. Die Klammer um dieses Klangpatchwork bildet schließlich Mirais galliges Keifen sowie einstweiliges Rezitativ aus dem Gedichtband. Dass Dr. Mikannibal, die besonders live eine Schau darstellt, sowie diverse Gast-"Stars" wie etwa Dave Tibet auf dem Album vertreten sind, ändert an der schillernden Ausrichtung und Güte der Band nichts.
Wie immer könnte die Produktion besser sein, aber das Dumpfe ist man von SIGH gewohnt wie die unweigerliche Folge der Albumtitel nach dem Muster der vier Buchstaben des Bandnamens. Ob das nächste "I" dann wohl zum dritten Mal Konsolidierung mit marginalen Neuerungen verspricht, eine Rückkehr zu den Frühwerken oder gar dem beschwingten "Imaginary Sonicscapes"?
FAZIT: SIGHs Pionierrolle im internationalen Black-Metal-Bereich wird immer noch unterschätzt; heuer schlagen sie die Brücke zwischen Schwärze und Blumenkindern klanglich so brillant, dass man Hörer aller Klassen mit dieser außergewöhnlichen Band warm werden sollten. Auf “Scenes From Hell” bestechen die Japaner erneut mit nachvollziehbarem Songwriting, das sich Schema F verweigert und trotzdem emotional erfassbar bleiben - als dunkles Eighties-Thrashgefühl nebst Vorliebe für gelbstichige Fotos vielleicht? Jedenfalls ist Satan selten so lebensfroh.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.01.2010
Satoshi Fujinami
Mirai Kawashima, Dr. Mikannibal
Shinichi Ishikawa
Mirai Kawashima
Junichi Harashima
Dr. Mikannibal (sax)
The End / Soulfood
43:06
09.01.2010