Nun ist es bereits zum dritten Mal passiert. Die amerikanische Todes-Kombo SIX FEET UNDER steigt erneut hinab in die verstaubt geglaubten Archive und fördert Songs „alter Helden“ zutage, um diese in huldvoller Absicht zu covern. Dabei verwandeln SFU höchst lebendige Original-Stücke in ziemlich tote Materie. Sie nennen diese Prozedur „Graveyard Classics 3“.
Von Death-Metal-Fan zu Death-Metal-Fan: Die Möglichkeiten dieses extremen Genres sind sehr begrenzt. Innovationen sind selten und nicht selten sind sie sogar unerwünscht. So ist das normalerweise auch bei SFU. Es ist denn nun umso erfreulicher und verdient uneingeschränkte Anerkennung, wenn die Mannen um Chef-Friedhofswärter Chris Barnes ihren musikalischen Horizont erweitern wollen, indem sie sich mit dem Schaffen anderer Gruppen auseinandersetzen. Schließlich ist es doch immer gut, auch einmal über den eigenen Grabesrand hinaus zu schauen. Wenn allerdings das Ergebnis dieser „musikhistorischen Forschungsarbeit“ in drei lieblos eingeprügelten Cover-Alben besteht, dann ist etwas schief gegangen.
Für mich ist eine Coverversion gelungen, wenn ich merke, dass sich der Neu-Interpret mehr dabei gedacht hat, als sich mit dem Prestige eines anderen Künstlers zu schmücken. Wenn also die neue Version auch tatsächlich eine Version von <em>eigenem</em> Wert ist und nicht ein einfaches Nachspielen. Durch Coverversionen auf Juwelen „von gestern“ aufmerksam gemacht zu werden, auf Juwelen, die man ohne die Coverversion wahrscheinlich nie entdeckt hätte, ist ein weiterer positiver Effekt des Coverns.
Leider nehme ich SFU nicht ab, dass sie sich auch nur eine einzige Sekunde ernsthaft bemühen, aus den ausgewählten Stücken etwas Originelles zu machen. Zudem ist völlig unklar, nach welchen Kriterien sie die Lieder ausgewählt haben. Auf der bandeigenen Web-Seite erfahren wir: weil wir die Musik schon immer gut fanden. Nun ja.
FAZIT: Bei Live-Auftritten als Zugabe sein Publikum das eine oder andere Mal mit Cover-Stücken zu beglücken, ist toll und erfrischend. Es kann sogar witzig sein. Besonders dann, wenn Bands live Lieder nachspielen, die mit ihrem eigenen Stil, Sound und Standpunkt nichts gemeinsam haben. Etwa, wenn SLAYER LADY GAGA covern würden (oder andersherum). Oder OBITUARY sich an „Hänschen Klein“ versuchen. Auch ist nichts dagegen einzuwenden, wenn SIX FEET UNDER meinen, es mit SLAYER, METALLICA oder AC/DC aufnehmen zu können. Sie sollten mit dieser Meinung aber besser im Proberaum bleiben.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2010
Terry Butler
Chris Barnes
Steve Swanson
Greg Gall
Metal Blade Records
45:21
15.01.2010