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Wer gedacht hat, dass auf den Alben "Ocean Machine", "Ki" und den beiden eher weniger promoteten, stark ambientgefärbten "The Hummer" und "Devlab" das wohl jemals Ruhigste aus Townsends Feder verewigt wurde, hat die Rechnung ohne den abschließenden Teil vier der DEVIN TOWNSEND PROJECT-Tetralogie gemacht. Es wäre - zumindest aus meiner Sicht - blödsinnig, auf einzelne Songs einzugehen und das Werk stilistisch irgendwo einzuordnen, denn der Nordamerikaner hat sich trotz erkennbarer Einflüsse zu viel Individualität erarbeitet, als dass man hier den Analytiker heraushängen lassen sollte. Besser sollte reflektiert werden, was sich im Kopf des Rezensenten abspielt, wenn er "Ghost" absorbiert.
Im krassen Gegensatz zum lauten, chaotischen, infernalischen, zeitgleich mit "Ghost" erscheinenden Werk "Deconstruction" werden hier ausschließlich leise, einlullende Töne angeschlagen. Devin zeigt sich hier über eine Stunde lang von seiner friedvollsten, ruhigsten Seite. Ganz ohne negative Schwingungen. Keinerlei Aggressionen - nicht einmal unterschwellig. Viel Hell. Kein Dunkel. Man könnte meinen, der Kanadier hätte ein wenig zu viel beruhigenden Grünschnitt geraucht - im Kopf entstehen amüsante Bilder, wie Townsend glückselig lächelnd einen Baum nach dem anderen umarmt und sich Blümchen mit Tesafilm auf das kahle Haupt klebt.
Stimmlich begleitet von einer nicht näher vorgestellten Katrina, wird mit einfühlsamem, relaxtem Gesang die Seele des Hörers gestreichelt. Flankiert werden die teilweise mehrfach aufeinander geschichteten Vocals von wunderschönen, von Akustikgitarren, Flöten, minimalistischer Elektronik, fluffigem Schlagzeug, Banjo, sanft wogenden Keyboardwellen und der Natur erzeugten Klängen, sodass der Rezpient sich beinahe so fühlt, als würde er auf einer Audio-Blümchenwiese umherschlendern, in all ihren saftigen Farben strahlend. Schmetterlinge toben in Scharen und sammeln Blütennektar, Käferchen und andere Insekten kitzeln den Hörer, er sieht unscharf durch die flirrende Sommerluft in die Ferne, der Stress entweicht und das Wohlbefinden nimmt dessen Platz ein. Der Verstand wird geschärft, indem die Neuronen wieder auf eine gemäßigte Temperatur heruntergekühlt werden und den zerebrale Reboot eingeleitet wird.
FAZIT: "Ghost" fühlt sich in seiner Gesamtheit ein wenig so an, als hätte Townsend nach seinem doch (nach eigenen Angaben in diversen Interviews) nicht immer "braven" Leben endgültig seine innere Mitte gefunden, denn oftmals wirken die zwölf Songs wie ein vertontes: "Ach je, kann das Leben schön sein, wenn man es nur zulässt... nun komme, was wolle..." Inmitten all der Negativa, die extern in Nachrichten, in der Umgebung und vielleicht auch privat auf einen herniederregnen, tut es wahnsinnig gut, einfach mal abzuschalten - und diese 72 Minuten eignen sich hierfür bestens.
Punkte: 14/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.06.2011
Devin Townsend
Devin Townsend, Katrina
Devin Townsend
Dave Young
Mike St. Jean
Kat Epple (Flöte), Devin Townsend (Banjo)
InsideOut
72:38
17.06.2011