Nach der zumindest für Spezialisten interessanten Wiederveröffentlichung von FRANZ K.s Livescheibe zuletzt schieben Sireena einen weit genereller empfehlenswerten Re-Release nach: "Rock in Deutsch" gehört mit zum besten, was deutscher Rock zu bieten hatte und hat, wenn man es als zeitlos betrachtet, was durchaus zulässig ist.
Letzteres gilt im Grunde genommen auch für den Opener "Schieß und marschier", der ungeachtet der heuer teilweise überkommenen Wehrpflicht-Problematik inhaltlich weiterhin Sinn ergibt. Am andauernden Kriegszustand, in dem die Welt sich befindet, hat sich genauso wenig geändert wie an Rüstungsgeilheit allerorts. Musikalisch beeindrucken FRANZ K. mit jazzigen Akkordfolgen und Werner Beckers geschmackvollem Keyboardspiel. Zusammen sorgt dies für eine bedrohliche oder zumindest nachdenkliche Stimmung. Dazu passt das "Peterlied" ("vom kalten zum heißen Krieg") sehr gut und bietet neben der lyrischen Tiefe auch musikalisch einiges, wozu es 13 Minuten Zeit hat.
Mit dem seinem Text zum Trotz sanften "Cabora Bassa" pinkelt die Gruppe den Portugiesen ans Bein, die Ende der Sechziger in Mosambik ebenjene Talsperre errichteten. "Räder" gerät spielerisch wieder vielschichtiger und textlich erneut erstaunlich zeitlos: Verarmung und Entfremdung des Mittelstandes von den immer weniger werdenden "Eliten" ganz oben. "Big Boss" wirkt plakativer, wenngleich es musikalisch mit das coolste Stück ist, zumal man ruchloses Businessdenken ohne Idee von Nachhaltigkeit nicht oft genug an den Pranger stellen kann, wie es hier geschieht. Die Dame, die in "Rita B." angesprochen wird, hat auch heute nicht wenige junge, hübsche und erfolgreiche Nachfahren. Anders als sie waren FRANZ K. ihrerzeit vermutlich verruchter als im heutigen Kontext, was die gute Musik indes nicht in Abrede stellen soll, und wie gesagt: Die Zeilen lassen sich durchaus ins Jetzt übertragen.
"Blues aus der Pinte" ist im Vergleich zur Originalpressung ein Zubrot, dessen Titel für sich spricht. Bar-Blues übers Trinken und Poppen, nett und eben nur Bonustrack. Die "Mackie Messer"-Vertonung hingegen (vom Bass her sehr dominant, zudem mit LINDENBERGs Jean-Jacques Krevetz am Klavier) passt nur zu gut ins Gesamtbild dieser Platte: "Rock in Deutsch" bietet politische Brisanz, die sich weitgehend von häufig allzu nihilistischem Kommunen-Stuss abhebt.
FAZIT "Rock in Deutsch" ist kurz gesagt FRANZ K.s bestes Album. Wer deutsche Musikhistorie ergründen will, sollte einmal hier haltgemacht haben.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.08.2011
Peter Josefus
Peter Josefus
Mick Hannes
Stefan Josefus
Sireena / Soulfood
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02.09.2011