Mittlerweile vom polnischen Olsztyn in die Multikulti-Metropole Berlin übergesiedelt, zeigt sich JULIA MARCELL auf dem „It Might Like You“-Nachfolger „June“ deutlich rhythmusorientierter. Was allerdings geblieben ist, ist der progressive Ansatz der eigenwilligen Interpretation des Pop.
Der Titeltrack und der Opener zeigen hierbei das rhythmische Extrem, während „.Matrioszka“ die beiden Enden auseinanderzieht, sozusagen die beiden Klingen der Schere auf nahezu 180° gespreizt sind: Eine verspielte Melodie, in die weitere, in semimelodischer Natur ineinander verschachtelte Elemente ranken, und dann übernehmen die Drums das Kommando. „.Ctrl“ kehrt dann die Tanzbarkeit in den Vordergrund, was dem Stück fast schon ein „CLIENT go pop“-Feeling beschert.
Julias Stimme passt wunderbar zu diesem schizophrenerweise variablen, in sich selbst aber reduzierten Treiben, denn von björkig angehauchten, enyaesken, fast souligen, ab und an bodenständig-kräftigen, falsettierend abgehobenen, rotzig frechen, progressiv-akrobatischen, fragilen, powervollen, pathetischen bis hin zu rockigen Vocals hat die junge Frau eine ganze Menge auf der Pfanne.
FAZIT: „June“ ist ein interessanter Ausflug in die experimentellen Seitenstraßen der Popmusik, die zwar auch alle nur Häuser mit Fenstern bieten – doch die Geschichten hinter letzteren sind das, was den musikvoyeuristischen Reiz ausmacht.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.11.2011
Thomas Merkel
Julia Marcell
Julia Marcell
Julia Marcell
Jacob Kiersch, Ben Lauber
Ben Lauber, Moses Schneider, Julia Marcell, Adam Bruderek, Anna Propkopczuk, Johannes Henschel, Izolda Wróblewska, Sebastian Borkowski, Martin Wenk, Lorenz Theuer und ein Kindergartenchor
Haldern Pop Recordings
43:57
30.09.2011