Post-Rock. Auch so eine Bezeichnung, die ein ähnliches Problem wie Progressive Rock hat. Während jener oft alles andere als progressiv, sondern höchst eklektisch, daherkommt, stellt Post-Rock oftmals keine Überwindung oder zumindest Weiterentwicklung der Rockmusik dar, sondern fühlt sich mittendrin pudelwohl. Bei KOKOMO und ihrem zweiten Werk, dem dritten wenn man die Split-LP mit KASAN dazu rechnet, ist das jedenfalls so. Keine Experimente. Die sechs Songs zwischen viereinhalb und knapp neun Minuten beginnen schleichend, melodiös, steigern sich, lassen es ordentlich krachen, um dann wieder ruhig und melancholisch auszuklingen.
Dabei werden keine undurchdringlichen Soundwälle aufgebaut, die Strukturen bleiben klar und recht filigran. Shoegaze und New-Art-Rock sind nicht weit entfernt. Kennzeichnend bleibt für das weitgehend instrumentale Album, eine eingesprochene Textpassage in „Epochs and Archives“ stammt von Buckminster Fuller, die freundliche und abgeklärte Grundstimmung. Selbst wenn Geschwindigkeit und rhythmischer Druck steigen, wird es nie brutal. „If Wolves“ bleibt durchweg melodisch, ohne glatt durch die Gehörgänge zu flutschen. Als durchaus berauschende und harmonische Alternative zu LONG DISTANCE CALLING und vor allem den ähnlicheren LEECH wissen KOKOMO über die gesamte Laufzeit zu gefallen. Nur jenseits der Mauern, aus denen die Stadt namens Rock’n Roll gebaut wurde, herrscht freie Sicht auf anderes.
Fazit: Die Stücke auf „If Wolves“ mögen ein wenig schlicht und ähnlich im Aufbau sein, aber wie KOKOMO mit ihren sparsamen Mitteln umgehen, ist durch die Bank hörenswert. Flirrende Gitarren, treibende Drums und gelegentliche Gimmicks sorgen für eine dreiviertelstunde Musik, die man entspannt und nachdenklich zur Dämmerung, aber auch als Einklang auf eine folgende Party hören kann.
In den beschaulichsten Momenten werden Erinnerungen wach an eine leider fast vergessene Band, die man eigentlich zu den Urvätern des Post-Rock rechnen muss: FELT. Ist hiermit wärmstens mal wieder ans Herz gelegt. Vor allem die Frühwerke (insbesondere „Mexican Bandits“ und „The Stagnant Pool“) unter der Federführung von Gitarrist und Mastermind Lawrence (Hayward), bevor er sich zurückzog und das musikalische Pendel gar Richtung Lounge-Jazz ausschlug. Post-Rock halt. Oder Prä…
PS.: Wofür einer der gruseligsten Songs der jüngeren Musikgeschichte nicht alles gut ist.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.08.2011
Benjamin Hellig
Oliver Ludley, Rene Schwenk
Tobias Stieler
Dunk!Records
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23.04.2011