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Metallspürhunde: Moloch

Stil: EBM / Darkwave

Cover: Metallspürhunde: Moloch

METALLSPÜRHUNDE leiden unter akuter Retrose. Die beiden Schweizer schlagen Achtziger-"Alarm", jedoch keineswegs mittels Effekthascherei und für die Elektroszene allzu bekannten Stereotypen. Hier dominieren Botschaften und kompositorische Substanz.

Darauf verweist nach dem programmatischen Opener bereits das verdammt smart arrangierte und instrumentierte "Kein Herz", wohingegen die Vertreter unserer sonst so reservierten Südnachbarn erstaunlich klare Töne finden, was das klasse betitelte "Es wird gestorben" betrifft. Diese beiden Tracks fassen die zu Beginn erwähnten Qualitäten von "Moloch" trefflich zusammen: Inhaltlich ambitioniert und musikalisch aufregend, was sich sehr gut ausmacht abseits des mehr-Schein-als-Sein, der von EBM bis Heavy-Goth in allen Dunkeldiscos vorherrscht. Der Titelsong erweist sich mit "Fade to Grey"-Akkordfolge als geschichtsbeflissen, falls man den Eighties-Bezug von METALLSPÜRHUNDE bislang noch nicht bemerkt hat. Ungleich kratziger gerät "Synästhetische Magie" mit Altweggs Gesang zwischen spröde und dahinfegend im Refrain. Das ruhige "L'Enfer" begeistert mit einem ganz großen Text, während "Die Wand" und "Das Virus" (klasse Refrain) etwas gleichförmig pluckern, was in der Natur des (bewusst?) beschränkten Sounds der beiden Macher liegt.

Ein zu vernachlässigender Pferdefuß angesichts des kritischen "Kränze" - dieses epische Lamento erfreut unerwartet kurz vor Schluss, welcher mit "Das Pendel" als langem, atmosphärischen wie tanzbaren Outro alles sagt: "Moloch" ist gleichermaßen zum tiefer Nachspüren wie zur Unterhaltung geeignet. Die Bonus-CD bietet Remixes, "Blut und Spiele" zuerst als Bumm-Bumm und dann als Riff-Riff, "Obszöne neue Welt" einmal als RAMMSTEIN-Verschnitt und danach computeresk verfremdet beziehungsweise schließlich wahrhaft IRRLICHTernd-wavig. "Mach es wieder gut" entführt tief in schwarzlichterne Dissen, und "Wo gehst du hin?" besteht genauso nur aus Beats, wie O.S.C. "In deinem Bann" kaputtbleepen. Soul In Sadness machen stattdessen einen Minimal-Rocksong mit sehr sporadischem Gitarreneinsatz daraus, und die Version "Ou Iras-tu?" wird interessant dekonstruiert, was im Remixbereich nur allzu selten vorkommt. Auch ohne diesen Zusatz sei nicht nur der Zielgruppe Altpopper bis Jung Gelack-(!)meierter ans Herz gelegt, sich dem "Moloch" hinzugeben: Tiefgründig bedeutet ihm weder plumpes Herunterziehen noch liederliches Gezappel unter der Glitzerkugel.

FAZIT: Den METALLSPÜRHUNDEn ist mit "Moloch" ein tolles, weil auch aufgeschlossen nicht-Szenemenschen zu empfehlendes Album zwischen Pop, düsterem Wave und engagierter Lyrik gelungen. Wer bei SCHILLER und Konsorten kotzen geht und alles von Gothic bis Elektro als Ramsch über einen Kamm schert, wird hier geheilt beziehungsweise eines Besseren belehrt.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.03.2011

Tracklist

  1. Alarm
  2. Kein Herz
  3. Es wird gestorben
  4. Moloch
  5. Synästhetische Magie
  6. Gespenster
  7. L'Enfer
  8. Es geht weiter
  9. So laut
  10. Die Wand
  11. Das Virus
  12. Kränze
  13. Das Pendel
  14. Blut und Spiele (Kadaver 8)
  15. Blut und Spiele (Noktis)
  16. Obszöne neue Welt (Unmensch)
  17. Obszöne neue Welt (Cyber Saint)
  18. Obszöne neue Welt (Irrlicht)
  19. Mach es wieder gut (Unmensch)
  20. Wo gehst du hin? (Shizophobia)
  21. Ou Iras-tu? (Lissing Black)
  22. Heuchler (Vhelena Projekt)
  23. In deinem Bann (Soul In Sadness)
  24. In deinem Bann (O.S.C.)

Besetzung

  • Gesang

    Michael Frasse , Marion Altwegg

Sonstiges

  • Label

    Danse Macabre

  • Spieldauer

    117:55

  • Erscheinungsdatum

    01.04.2011

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