PIRATE aus Australien mögen das EP Format. "Left of Mind" ist ihr zweites und bietet kantigen Alternative Rock stark verspielter Prägung, der sich als progressiv verstanden wissen will und darf - wenngleich mit bewährten Vorbildern.
Joel Woolf begeistert weniger durch seine nölende Stimme als sein Saxofonspiel, das gleich dem eröffnenden Titeltrack, ansonsten einem rhythmisch fies hakenschlagenden Erbteil von KING CRIMSON, zur Ehre gereicht. Uneingängig ist das Quartett nicht, aber die mathematischen Dünkel der Jungs mögen Liebhaber von Geradlinigkeit abschrecken. So geht das von Vocodergesang veredelte "Animals Cannibals" als düsterer "Hit" erst nach dem zweiten Hör ins Langzeitgedächntis über. Dass dies auch "Rough Shuffle" tut, ein aggressives Riffmonster mit verfremdetem Bläsersound, spricht für PIRATE als Komponisten.
Im Prinzip kann man "Left of Mind" als kurzes, aber ausgewachsenes Album betrachten, denn die Bandbreite und Abwechslung fällt überdurchschnittlich aus. PIRATE muten immerzu leicht elektronisch, jedoch stets warm und emotional an. "In the Balance" erzeugt Spannung, kupfert aber ganz fies bei ANATHEMAs Abgrundöffner "A Natural Disaster" ab. Die beiden instrumentalen Zwischenspiele "Finish" und vor allem "Creepy" relativieren solche Kritik indes, denn wenn PIRATE eines nicht sind, dann Kopisten. "Daggers" darf als Anspieltipp herhalten - schillernd in allen Belangen und dabei greifbar sowie speziell in melodischer Hinsicht überaus feinfühlig. Woolf versteht es, seine Stimme angemessen zurückzuhalten, weshalb auch der Rauskicker "Time Minus Five" in erster Linie durch sein expressives Gebläse reüssiert, ein extrem stimmungsvoller und bei der Stange haltender Abschluss, der neugierig auf Folgetaten macht.
FAZIT: "Left of Mind" empfieht PIRATE als Grenzgänger zwischen Math-Rock, kunstvollem, aber kräftig zulangendem Pop und klassischem, aber quertreibendem Prog mit einem Musikverständnis à la Fripp oder Belew. Kann man bei alledem auch die Songs rasch mitträllern, steht einer langen Freundschaft nichts im Wege.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.11.2011
Ben Norvill
Joel Woolf
Shan Abbey
Tim Adderley
Joel Woolf (sax)
Birdsrobe Records / Just For Kicks
31:10
21.10.2011