Zurück

Reviews

Seven Steps To The Green Door: The? Book

Stil: Progressive Rock

Cover: Seven Steps To The Green Door: The? Book

“The Book?” ist eine Wundertüte der besonderen Art. Die von <a href="http://www.musikreviews.de/mitarbeiter/19/Thoralf-Ko---Chefredakteur/" target="_blank" rel="nofollow">Thoralf Koß</a> (regelmäßigen Lesern dieser Seite und der BBS als unser Chefredakteur bekannt) verfasste Geschichte über eine schmerzhafte Selbstfindung im Angesicht eines übermächtigen Gottes (und ein paar seiner allzu menschlichen Vasallen im Hintergrund) bildet die Grundlage für ein Album, dass die leidvolle Sinnsuche des Protagonisten Samuel ernsthaft umsetzt, ohne je an Überladenheit oder Pathos zu kränkeln.

<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/WbBaqtDPyiA" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>

Dezenter Death-Metal (zumindest in kurzen Einschüben bei „The Crying Child“), Jazz, Funk finden Einzug in den stilsicheren Progressiven Rock der Band. Auf einem symphonischen Fundament, das fragil und nicht breiig angelegt ist, türmen sich satte Keyboardsounds; attackierende Gitarren und die wuchtige Rhythmussektion spendieren eine gesunde Portion Härte, die Gesangsleistungen sind meist exzellent und passen sich den jeweiligen Rollen an - glücklicherweise weit abseits vom Kitsch landläufiger Musicals. Als besondere Kleinode erweisen sich die Saxophon-Einsätze Marek Arnolds. Nicht nur sie machen aus „The? Book“ ein ebenso melodien- wie abwechslungsreiches Werk.

<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/-fa0ofwOnI0" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>

Dabei vermeiden SEVEN STEPS TO THE GREEN DOOR jede selbstverliebte Zurschaustellung technischer Fertigkeiten. Man merkt dem Album die Fokussierung auf seine Geschichte an (verhungernde Kinder, politische Unterdrückung, Sterbehilfe, Umweltschändung und die mögliche Rolle Gottes in diesem Fiasko), und sieht Wut und Nachdenklichkeit in Musik und Text gebündelt. So entsteht gar nicht die Gefahr musikalischer Beliebigkeit sowie in verklärter Nostalgie zu schwelgen.

<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/N3Yy55d_8uI" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>

„The? Book“ zeigt auch, dass das Konzept „Konzeptalbum“ noch nicht ausgedient hat und Progressiver Rock, der seine Wurzeln in der Vergangenheit hat, so zeitlos wie aktuell sein kann. Ohne dass Ritter, Dämonen, Joker und Einhörner den Weg weisen müssen.

Das FAZIT ist diesmal einfach: Das beste (Retro)-Progressive-Album des Jahres (ohne Kollegenbonus). Melodiös, aber nie platt, vielfältig, ohne unstrukturiert zu wirken, sanft und ungestüm zugleich, getragen von einer durchdachten Story, die thematisiert, was anscheinend einer Menge Menschen derzeit auf der Seele brennt. Vor allem, wenn man in Betracht zieht, wie viele Autoren und Musiker sich gerade mit den Fragen beschäftigen, die Religion und Ethik Tag für Tag aufwerfen. Je dunkler die Zeiten, desto größer anscheinend die Sehnsucht nach einer spirituellen Erleuchtung. Und umso größer die Enttäuschung, wenn man merkt, dass Glaube allein nicht hilft. Seine grüne Tür muss jeder für sich selbst finden.

Selbst wenn es mit IRON MAIDEN heißen könnte: „Behind My Green Door There Is Nothing To See.“ Vielleicht wartet aber auch Marilyn Chambers dort, die 1972 „Behind The Green Door“, ohne ein Wort zu sagen, Filmgeschichte schrieb und leider seit 2009 für immer verstummt ist.

<iframe width="560" height="315" src="https://www.youtube.com/embed/JyoUgTlxwLw" frameborder="0" allow="accelerometer; autoplay; encrypted-media; gyroscope; picture-in-picture" allowfullscreen></iframe>

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.10.2011

Tracklist

  1. Prologue (A Man And The Book)
  2. The Empty Room / The Realization
  3. The Crying Child (1st Nail)
  4. The Healing Wonder (2nd Nail)
  5. The Dividing Water (3rd Nail)
  6. The Last Supper (4th Nail)
  7. The Eternal Abstinence (5th Nail)
  8. The Deadly Crucifixion (gewidmet Anna Seghers aus Dankbarkeit für “Das siebte Kreuz”)
  9. The Green Door – Looking For The Last Solution
  10. Epilogue (A Bird And The Book)

Besetzung

  • Bass

    Heiko Rehm, Robert Brenner

  • Gesang

    Lars Köhler, Anne Trautmann, Amelie Hofmann (Crying Child), Kim Spillner (Death), Ronnie Gruber (Death), Larrie B. (Old Priest), Steven Powlesland (Prayer), Sjaella (Last Hope), Martin Schnella (bv)

  • Gitarre

    Andreas Gemeinhardt, Martin Schnella, Uwe Reinholz

  • Keys

    Marek Arnold

  • Schlagzeug

    Ulf Reinhardt

  • Sonstiges

    Marek Arnold, Thoralf Koss (story)

Sonstiges

  • Label

    Progressive Promotion Records

  • Spieldauer

    63:21

  • Erscheinungsdatum

    30.09.2011

© Musikreviews.de