In Zeiten bemühter Superlative ist er selten geworden, der „erwachsene“ Rock mit progressiver Schlagseite. ALIAS EYE waren Ende der Neunziger eine der ersten Adressen in diesem Bereich, wurden im Laufe der Jahre jedoch zu sehr vom elitären Prog-Publikum vereinnahmt, um auf breiter Ebene wahrgenommen zu werden, wie sie es angesichts ihres zugänglichen Materials verdient hätten. „In-Between“ nun darf dies gern nachholen.
ALIAS EYE fußen auf Philip Griffiths' warmer Stimme – grob zwischen Damian Wilson und Zak Stevens – sowie kräftigen, griffigen Riffs einer- beziehungsweise ideenreichen Arrangements andererseits. Didgeridoo und Saxofon spielen auf „In-Between“ nicht nur die Rolle von Zierrat, wie gleich das eröffnende „Arabesque“ beweist. Sitar-Sounds sorgen für orientalische Anmutung, während im Titelstück fast wie im Varieté gecroont und gegospelt wird, ohne gleich den Stempel Vaudeville oder Avantgarde aufs Booklet zu drücken. Dazu sind Griffiths und Co. zu geerdet oder genauer gesagt fest im Rock verwurzelt.
Dementsprechend traditionell covert man „Time Machine“ gemeinsam mit Phils Vater Martin, der diesen Song 1971 gemeinsam mit BEGGARS OPERA ausbaldowert hat – epischer Prog vom Feinsten, wenn auch von zweifelhafter Notwendigkeit auf diesem neuen Lebenszeichen. Schließlich reizen das zackige „Indentured Pride“ (der Refrain ist umso sphärischer) und die Ballade „Stars Shall Fall“ (inklusive verschwenderischer Streicherarrangements) in nicht geringerem Maße.
Die Drum-Loops von „All The Rage“ – wohl textlich bedingt gewollt modern klingend – befremden hingegen, obschon der Song an sich einen quirligen Reißer darstellt. Nach dem unauffälligen „Distant Memories“ sticht „Take What's Mine“ wegen des virtuosen Gitarrendramas am Ende heraus, ehe „The Blink of an Eye“ als Anspieltipp herangezogen werden darf: Geschmackvolle Orgelsounds, engagierter Gesang und saftige wie detaillierte Saitenarbeit – die Merkmale einer nach wie vor unspektakulären, aber kompositorisch starken Band.
FAZIT: ALIAS EYE haben tatsächlich, wie sie selbst behaupten, die Stärken ihrer Sturm-und-Drang-Phase mit jüngst entwickelter Abgeklärtheit gebündelt. „In-Between“ ist ein emotional haptisches Album geworden, das auch Freunden von SUBSIGNAL beziehungsweise den späten SIEGES EVEN gefallen muss.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.02.2012
Frank Fischer
Philip Griffiths
Matthias Wurm
Tilmar Fischer
Ludwig Benedek
Quixote
47:18
20.01.2012