Ob es eines Comebacks von Schottlands Vorzeige-Coverhelden (das unsägliche CAMEO-Stück „Word Up“ war einer der Nervsongs der Neunziger) bedurfte, fragt sich der kritische Musikfreund zu Recht, aber wer wird denn ein Spielverbot verhängen wollen, zumal GUN damals wie heute ungefährlich waren beziehungsweise sind, diesmal sogar im besten Sinn, nämlich vermittels sympathisch fröhlicher Musik und bestimmt ohne MTV-Dauerbeschallung.
„Butcher Man“ bietet als Blaupause zu Beginn wie viele weitere Songs (vor allem das klimpernde „Lost & Found“) Frauengesang im Chor, dazu einen schleifenden Beat der Marke frühe ROLLING STONES, schwer krachende Gitarren und eine starke Pop-Affinität. „14 Stations“ verlagert dieses Konzept in Gefilde höherer Geschwindigkeit, zumal mit besonders zwingenden Riffs, wohingegen das Titelstück sowie die Ballade „How Many Roads“ beschwingt und unbeschwert nach Blumenwiese tönen. Produzent Dave Eringa hat GUN mit einem ähnlich Brit-poppigen Sound versehen wie OCEAN COLOUR SCENE, bloß kracht „Break The Silence“ weit heftiger, sodass etwa „Caught In The Middle“ an OASIS mit dicken Eiern erinnert.
Die BEATLES dürften zum Teil für „No Substitute“ Pate gestanden haben, während „Bad Things“ eine leichte Prise Punk der klassischen Schule einbringt. Was alle Songs eint – auch das bombastische Stadio-Geschunkel „Innocent Thieves“, den Radio-Rocker „Running Out Of Time“ und das treibende Finale „Last Train“ – , sind einnehmende Refrains und eine üppige klangliche Inszenierung dennoch überschaubarer Mittel: Mehr als gelungene Riffs und polterndes Drumming brauchen GUN 14 Jahre nach ihrem letzten Lebenszeichen nicht, um das vermutlich beste Album abzuliefern, zu dem sie in der Lage waren und sind. Außerdem nervt an „Break The Silence“ rein gar nichts, allen voran Fronter Dante, der nie weniger penetrant klang als jetzt.
FAZIT: „Break The Silence“ kommt tatsächlich einer Wiedergeburt gleich und ist nur insofern aufdringlich, da GUN ausnahmslos Hymnen geschrieben haben, die jedem Freund des britischen Pop bis Rock gefallen dürften. Dass die Gruppe hörbar ohne Kalkül aufspielt und frisch klingt, kommt einer kleinen Überraschung gleich.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.06.2012
Dante Gizzi
Dante Gizzi
Jools Gizzi, Johnny McGlynn
Paul McManus
Ear Music / Edel
51:55
15.06.2012