Wünscht man sich ein wenig die früheren, experimenteller und noch etwas naiver agierenden WALTARI wieder her, wird man vergeblich warten, denn bei den Finnen hat sich über die Jahre eine gewisse Routine und Erwachsenheit eingebürgert, die den hörerseitigen Hunger nach weiteren Irrsinnigkeiten nicht mehr so recht befriedigen mag.
KONTRUST könnten hierfür mit ihrer Musik einen mehr als würdigen Ersatz liefern, denn das Alpen-Sextett zeigt sich ähnlich kunterbunt wie das Gespann aus dem Norden zu dessen wilden Zeiten. Aber KONTRUST nun als die Alpen-WALTARI abzustempeln, wäre nicht fair, denn die Kapelle um das gemischte, extrem variabel performende Sängerdoppel Agata und Stefan gibt sich enorm viel Mühe, etwas Eigenes zu kreieren. Und dieses Etwas ist nicht nur ein wilder Mix aus Disco, Metal, Reggae, Ragga, Dancehall, alpiner Musi, Nu Metal, orientalischer Musik, Latin, Funk, Punk, Pop, Elektro und weiß der Teufel, was noch alles, sondern auch ein zwölffacher Beweis dafür, dass Freakiness in clever arrangierte, eingängige und doch herausfordernde Songs münden kann.
Ein dicker Bonuspunkt sind hierbei die wirklich saustarken Melodien, die der Sechser aus seiner Hutsammlung zaubert, denn die gehen sofort ins Ohr, ohne Allerwelts-Tonfolgen in sich zu tragen. Ein weiterer Bonuspunkt ist die Energie, die KONTRUST an den Tag legen. Das liegt zum einen an der ausgeklügelten Dynamik der Arrangements sowie der astreinen Produktion, zum anderen sehr klar an der enthusiastischen, ja fast besessenen Weise, mit der das mikrofonierende Duo die Membranen malträtiert. Keine Ahnung, wie die beiden auf der Bühne abgehen, aber hier hat man ja bereits das Gefühl, die beiden seien im Tonstudio wie Tourette-Gummibälle von Wand zu Wand gesprungen.
FAZIT: Hat man als Musikfan noch wenigstens im Ansatz eine abenteuerlustige, kindliche Ader in sich und mag sich grinsend ein wildes Stilmassaker antun, das obendrein auch noch Anspruch und Catchiness miteinander verbindet, dann führt an diesem zweiten Album absolut kein Weg vorbei. Denn „Second Hand Wonderland“ klingt von vorne bis hinten nach Europalettenweise Spaß.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.05.2012
Gregor
Agata, Stefan
Robert
Roman
Manuel (Percussion)
Napalm Records
43:40
27.04.2012