Sicher, als Rock-Fan muss man es nicht mitbekommen haben, aber die französische Akkordeonistin LYDIE AUVRAY ist seit über 30 Jahren im Geschäft und reicht hiermit ihr 20. Album ein.
Dieses platzt beinahe vor Lebensfreude, wie bereits durch die Farbgebung des Layouts angedeutet wird. Musikalisch herrscht häufig Mittelmeer-Flair („Fangotango“, „Gamanu“, verwandelt sich aber flugs in eine pluckernde Polka mit virtuos gezockter Jazz-Gitarre), aber auch Besinnliches wie die Tangos „Septante Deux“ beziehungsweise „Tangomère“, das klagende „Das Meer“ sowie gesungene Balladen („Le Temps“, „Dis-Moi Grand-Mère“ mit Streicher-Plus) kommen zum Tragen.
Melodisch ist „3 Couleurs“ anders, als der Titel andeutet, keineswegs so französisch ausgefallen, aber enorm eingängig, da ein Akkordeon doch sehr dominant klingt. Dementsprechend muss man schon auf dieses Instrument können, um Spaß mit dem Album zu haben, doch dann werden Stücke wie „Deux Klaxons“ oder der Walzer „Nostalgie“ zu Ohrwürmern. Die abgefeimten Deutschen Musiker und das zweisprachige Booklet sprechen übrigens für eine Freundschaft unter Nachbarn – herzlich auf allen Ebenen, diese Scheibe.
FAZIT: LYDIE AUVRAYs westeuropäische Folklore liegt nicht unbedingt nahe, wenn es ans Beschriften von Einkaufszetteln geht, doch auch bei Westpark muss es nicht immer Skandinavien oder englischer Folk sein. Der Winter kann mit „3 Couleurs“ in jedem Fall kommen, denn die Scheibe lässt die Sonne herein und bietet nebenbei die Möglichkeit, klasse Musikern zuzuhören. Altweibermusik? Unsinn.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 20.10.2012
Gigu Neutsch
Lydie Auvray
Markus Tiedemann
Eckes Malz
Harald Heinl
Lydie Auvray (Akkordeon)
Westpark / Indigo
53:17
26.10.2012