„Intersections“ darf sich als aktuelle Standortbestimmung für MEKONG DELTA betrachten lassen: Ralf Hubert wildert im Backkatalog und spielt alte Stücke mit der aktuellen Besetzung neu ein.
Nicht zuletzt weil die Musiker wieder häufiger live spielen, klingen sie stärker denn je wie eine zusammengewachsene Band. Martin LeMar hat der Gruppe zu noch mehr Identität verholfen, wo sie vorher stets mit ungenießbaren Kastraten-Proggern über einen Kamm geschoren wurde. In „Shades Of Doom“ (von „The Principle Of Doubt“) etwa wirkt der Gesang beinahe rüpelhaft rau, aber eben auch farbenfroher als die Ex-Barden am Mikro. LeMar besitzt im Detail mehr Klasse (höre vor allem „Sphere Eclipse“), klingt aber für den oberflächlichen Hörer blasser und weniger spektakulär. Der Allgemeinverträglichkeit von MEKONG DELTA kommt er eher entgegen als das diesmal wieder recht pappig klingende, wenngleich fantastische Drumming von Alex Landenburg, der sich in puncto Präsenz mittlerweile zum Nachfolge der Uli Kuschs und Jörg Michaels dieser Metal-Welt entwickelt hat.
Die Änderungen in puncto Arrangement sind nicht erheblich, weshalb sich anders, als mancher Rezensent kolportiert, kein Alt-Fan vor den Kopf gestoßen fühlen muss. „The Healer“ profitiert in der neuen Besetzung genauso wie das monströse „The Prophecy“ vom denkwürdigen Lovecraft-Album „The Music Of Erich Zann“. Im Übrigen wurden die Songs mit Bedacht gewählt, wenngleich man die Longtracks vermissen darf („Dances Of Death“ hätte mancher sicherlich gern in neuer Besetzung gehört). In dieser Reihenfolge kommen die Charakteristika von MEKONG DELTA nämlich trefflich zum Tragen, angefangen beim urtypischen Riffing („Innocent“) bis hin zu Huberts virtuosen Bass-Arpeggien („Memories Of Tomorrow“).
Das finstere „Heroes Grief“ steht dem Frontmann besonders gut und bietet sich als leichter verdaulicher Eintritt ins Klanguniversum der Band an. Der Hit „Transgressor“ überrascht sogar teilweise mit Stimmverfremdungen und zeigt eine neue Seite der vielleicht kompaktesten Komposition im Oeuvre. Sollte noch jemand nicht mit dem Namen vertraut sein, darf er sich mit deiser Scheibe schlau machen. Texte und Infos sind im zugegebenermaßen einfallslos bebilderten Booklet vorhanden, aber Herr Hubert war ja schon immer eher zweckmäßig unterwegs.
FAZIT: „Intersections“ ist ein Fanal, wenn das nicht zu dramatisch klingt, für die Einzigartigkeit von MEKONG DELTA, einer Band, die wahrscheinlich so oft missverstanden wurde wie keine zweite. Ralph Hubert hat keine kurzlebige Casting-Veranstaltung aus der Taufe gehoben oder seelenlose Technik-Mucke fabriziert, sonder einige echte Klassiker der Metal-Geschichte, von seiner Vorreiterrolle in Sachen harte Sounds und Orchestermusik ganz zu schweigen.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 06.05.2012
Ralf Hubert
Martin LeMar
Benedikt Zimniak, Eric Grösch
Alex Landenburg
Aaarrg Records
52:01
27.04.2012