Polen und Neo Prog, zur Band gewordenes Projekt eines Multi-Instrumentalisten … So weit, so unspannend, aber zumindest innerhalb der Szene gehen MOONRISE wegen „Soul's Inner Pendulum“ durchaus mit Vorschuss-Lorbeeren ins Rennen. Was bietet also ihr drittes Album, was die nationale Konkurrenz nicht bringt?
Strippenzieher Kamil hat sich einer gänzlich entspannten Lesart der Stilistik verschrieben. Schon das lange Intro „Stopover-Life“ kommt nur mit Keyboards, Saxofon und Stimme aus, bevor „Surrender To Win“ mit künstlich klingenden Drums aufregt, musikalisch jedoch überhaupt nicht: Dass Lukasz Gall von MILLENIUM die Texte der Scheibe schrieb, passt insofern gut, als Moonrise diesen ähneln oder erwartbar nach England schielen. „Start Up Song“ verfällt wie auch „Blind Faces“ dem Prinzip des Openers, klingt wegen Mainstream-Gitarrenleads und Rhythmussektion aber nach einem AOR-Weichzeichner (öde auch: das synthetisch verbrämte „Guardian Angel“).
Man weiß nicht, woran es liegt, dass vermeintlicher Progressive Rock aus dem Osten nicht selten gestelzt klingt, aber auch Sänger Marcin möchte man die emotionalen Bekenntnisse nicht abnehmen. Einzig „Flying In Empty Lands“ gelingt MOONRISE neben dem zehnminütigen Ende „Mr. Strange“ (wird dem Terminus Neo Prog klanglich wie komposiorisch tatsächlich gerecht) rundum, was eventuell am lebendigeren Vortrag aller Musiker liegt, die einmal nicht bloße Stimmungen wirken lassen möchten, sondern ein handfestes Hook einreichen und sogar den Verzerrer einschalten. Danach? „Unravel The Soul“ ist mit sieben Minuten zu lang ausgefallenes Kopfkino für verliebte Mittvierziger, die MARILLION mit Fish einmal ganz toll fanden.
FAZIT: MOONRISE toppen ihr Debüt mit „Stopover-Life“ nicht. Die Combo spielt für ihr Land typischen Befindlichkeits-“Prog“ mit ätherisch anmutendem Zuckerguss, der durch die warum auch immer bestehende emotionale Distanz zwischen Musiker und Hörer schmilzt und wenig nahrhaften Kuchenboden hinterlässt. Man greife lieber zur neuerdings wieder recht starken US- und UK-Variation dieser Rezeptur.
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.12.2012
Kamil Konieczniak
Marcin Jajkiewicz
Marcin Kruczek, Kamil Konieczniak
Kamil Konieczniak
Grzegorz Bauer
Dariusz Rybka (Saxofon)
Lynx / Just For Kicks
58:20
14.12.2012