Oswald Pfeiffer kann sich als langjähriger Hansdampf in allen Produzenten-Gassen auf Schützenhilfe von allerlei Prominenz verlassen. Das diese keine halbseidenen Ex-und-Hopp-Songs aufhübschen muss, spricht für den Protagonisten und seine Visitenkarte „Serum“.
Gleich „Hungry Souls“ bietet Orgelfeuer und Gitarrensolos, dass dem Konsumenten Hören und Sehen vergehen, eingebettet allerdings in eine hervorragende Komposition zwischen AOR und Prog. Die Hooklines von „All I Can Do“ (BEATLES) und „Riding On The Gun“ (Southern Rock trifft TOTO) sind gleichsam beachtlich, während „Everytime“ die Stilübung Pomp-Ballade in Dimensionen ausführt, welche normalerweise nur MEAT LOAF vorbehalten sind.
„Certain Things“ und „Out Of Control“ (Gospelstimme und euphorische Instrumental-Abfahrt) beackern hinterher wieder progressiveres oder zumindest episches Terrain, wobei man sich angesichts des schreiberischen Talents von OSSSY fragt, weshalb der Mann nie in einem festen Band-Umfeld musiziert hat. Wie „I Know“ klängen viele vermeintlich erwachsene Rocker gern bei ihren Versuchen, sich dem Pop-Publikum anzudienen – der definitive Ohrwurm der Scheibe, nach dem das Doppel „Living Without You“ und „Rendezvous“ allerdings zu beliebig klingen, im Fall des letzteren nachgerade klebrig.
Auch die Schunkel-Ballade „Brown Eyes“ – insgesamt wären weniger Weichzeichner wünschenswert – hält das Niveau trotz „Dark Side-FLOYD-Saxofon nicht. Erst mit dem Tief-Riffer „6 And 6 Ain't 23“ trifft OSSSY wieder ins Schwarze. Zeigt dieser Track die schmierig verschwitzte Seite des klassischen Rock, findet der Strippenzieher mit „Situation“ zurück zu dem, was er am besten kann. Amerikanisch klingender, virtuos gespielter Stadionsound im Sinne der Achtziger ist das Metier von Oswald Pfeiffer, und bei aller Güte hätte mehr davon zum Ende hin – „Staring At The Mirror“ ist wieder eine dröge Ballade, und „Too Much Fun“ austauschbarer Boogie – ein Mordsalbum aus „Serum“ gemacht.
FAZIT: Mit „Serum“ legt OSSSY eine beachtliche Scheibe vor, die nicht nach der Spielwiese eines Producers klingt, der gern einmal überall schnuppert, sondern stringent, tiefsinnig und höchstens hin und wieder zu ruhig. Dafür treten die brillanten Momente stets geballt auf – keine Platte fürs Random Play also.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.02.2012
Lars Lehmann
Osssy Pfeiffer, Anca Graterol
Steve Mann, Osssy Pfeiffer, Anca Graterol
Anca Graterol
Andy Lindner
MIG (Made In Germany) Music
66:51
24.02.2012