Unser Außenposten Lothar mit einem etwas anderen Blick auf das neue Fallobst vom Stachelschweinbaum ...
Wer hier etwas Neues erwartet hat, wird auf ganzer Linie enttäuscht, denn bei dieser CD handelt es sich im Grunde um eine Neuauflage von "The Incident" von 2009, die sich im Wesentlichen nur dadurch von Original unterscheidet, dass es ein 2010er Live-Mitschnitt aus Chicago ist. Zudem sind die Aufnahmen sowohl von der Länge als auch vom Ablauf der Titel nahezu identisch mit der vor drei Jahren erschienenen CD. Akustische Überraschungen? Fehlanzeige.
Wie nicht anderes zu erwarten ist auch dieses Album so ordentlich produziert, wie man es von einem erfahrenen und gefragten Produzenten wie Steven Wilson erwarten darf, wenngleich die CD andererseits gemessen an ihren Vorgängern produktionstechnisch nicht vom Hocker haut. Zudem wirken Wilson und seine Recken sowie das Drumherum ein wenig lustlos. Die zusätzliche DVD, die Videomaterial der Tour enthält und nur in einer speziellen Edition zu haben ist, steht uns leider nicht zur Verfügung.
Das Problem mit den Prioritäten: Das vielbeschäftigte Hirn von Porcupine Tree ist zur Zeit mit der Produktion seiner neuen Solo-CD beschäftigt, die von keinem geringeren produziert wird als Rock-Legende Alan Parsons und im Februar 2013 erscheinen soll, wie Wilson kürzlich angekündigt hat. Wer sich für sein Soloprojekt einen solchen Mann an die Seite holt, hat seine Prioritäten eindeutig und gnadenlos gesetzt, sodass wohl vorläufig von PORCUPINE TREE keine weiteren Schmuckstücke zu erwarten sind. Schließlich heuert niemand Parsons an, wenn er keine musikalischen Meilensteine setzen möchte, die auch den Mainstream zum Kauf anregen sollen. Als fähiger Mann könnte Wilson schließlich auch selbst produzieren.
PORCUPINE TREE haben hiermit einen Lückenbüßer produziert, um den Fans vorübergehend ein Häppchen zuzuwerfen und die Wartezeit auf eine neue CD sowie eine weitere Tour zu verkürzen. Letzterest bezieht sich dann aber wohl eher auf den kommenden Alleingang von Wilson, denn immerhin will auch dieser promotet werden, und CDs verkauft man heute bekanntermaßen vor allem, indem man sie über eine Konzertreise bewirbt.
FAZIT: Außer Spesen nichts gewesen? Für eingefleischte PORCUPINE TREE-Fans mag "Octane Twisted" ein absolutes Muss sein. Für alle anderen ist die CD aus unserer Sicht verzichtbar, vor allem wenn sie die letzte Platte bereits im Plattenschrank haben.
Lothar Epe
Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.12.2012
Colin Edwin
Steven Wilson
Steven Wilson
Richard Barbieri, Steven Wilson
Gavin Harrison
Kscope / EMI
56:40 + 71:25
23.11.2012