Liegt es daran, dass Deutschrock in der letzten Zeit zum Unwort und Synonym für völkische Gesinnung und saufende, grölende Dumpfbacken mit abgebrochener Gesamtschul-Laufbahn geworden ist, dass diese altgedienten Punk-Helden wütender denn je und stärker als auf „Weekend Anarchy klingen?
Atemlos hetzen SICK OF SOCIETY durch „Zerstöre das System“ und das Titelstück, ehe vorübergehend verhältnismäßige Ruhe einkehrt. „20 Jahre SOS“ kurz vor Schluss nimmt nachgerade epische Ausmaße an und schunkelt zu leutselig einher, wobei die Bläser (nein, es klingt nicht nach Ska) prinzipiell genauso gut gefallen wie der Text. An anderer Stelle nerven die ewig gleichen tumben Parolen allerdings, aber die Band predigt so oder so unverhohlen den Bekehrten, und Selbstironie spielt ebenfalls bis zu einem gewissen Grad eine Rolle.
Saustark gerät „Murphy's Law (Rence)“, bei dem sich die verschiedenen Gesangsstimmen besonders reichhaltig auszahlen, ferner „Ein Zeichen gegen Rechts“, das klassischen Hardcore mit Melodic Punk und dessen Singalongs mischt (plus Kinderchor), und das gewalttätige Doppel aus „Asozial“ sowie „Hass“ mit dem hysterischen Anhang „Political Correctness“. Die kurzen Tracks gelingen SICK OF SOCIETY besonders gut, allen voran „Etwa nichts gefunden“ an später Stelle. Zu den schwächeren Stücken hingegen gehören „Du hast versagt“, das nach Thekenabsturz klingende „We want more“, „Policy Maker“ und das halbballadeske „Golden Gate Bitch“, derweil man einen '77er Feuerzeugschwinger wie „The Royal Art Of Gentle Defloration“ nur noch als Nostalgiker braucht, smartes Marimba(?)-Solo hin oder her.
Insgesamt ist dies allerdings wie erwähnt mehr als zuletzt, und auch wenn sie strikt der Deutschpunk-Szene verhaftet bleiben (gerade weil die englischsprachigen Stücke nicht international konkurrenzfähig klingen – auf charmante Weise, darf man sagen), dürften sich die Jungs weitere Fans erspielen, die das Maskenspiel mit „Man spricht Deutsch“ auf hohen Businessebenen durchschauen. Es wäre jedenfalls zu wünschen.
FAZIT: Nichts Neues, aber Altes auf überzeugende Weise haben SICK OF SOCIETY nach immerhin zwei Dekaden ihres Bestehens mithilfe einiger Gäste aus der Szene verzapft. „Niemals wie der Rest“ darf man als Titel zumindest dann so stehenlassen, wenn es um den aktuellen Tenor in Sachen Deutschrock geht, denn diese Musik dient als prima Gegenentwurf zu allen allzu lieben Tanten dort draußen.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.11.2012
Steini
Fizzi, Oliver, Steini
Fizzi
Oliver
SN Punx / New Music Distribution
41:28
05.10.2012