Seit Tagen denke ich darüber nach, woran mich „The Nexus“, Album Nummer zwei der schwedisch-dänischen Combo AMARANTHE, erinnert. Endlich ist es mir eingefallen: Lothar Matthäus. Ähnlich wie beim fränkischen Dampfplauderer könnte man als Überschrift zu AMARANTHE wählen: Hier ist die Antwort auf eine Frage, die niemand gestellt hat. Oder wahlweise könnte man auch Querverweise zum Daewoo Nexia ziehen. Das ist zwar auch ein Auto, mit dem man letztlich von A nach B kommt – das also seinen Zweck einigermaßen erfüllt –, doch das innen fast ausschließlich aus Billigplastik besteht. So ist es auch mit „The Nexus“: Hier gibt’s zwar auch Musik zu hören – doch klingt das alles nach Billigplastiksound, dass sich der Musikliebhaber mit Grauen abwendet.
Wie schon auf dem Debüt gibt es auf „The Nexus“ komplett harmlosen, modernen „Metal“, der die Brücke zwischen IN-FLAMES- und SONIC-SYNDICATE-beeinflusstem Melodic Death und poppigen Melodien á la ABBA schlägt. Mal ehrlich – wieso ist so ein Sound so erfolgreich? Wieso gucken sich dreieinhalb Millionen Menschen auf Youtube einen Videoclip der Band an? Das können doch nicht nur Katastrophentouristen sein.
Die zwölf Songs auf „The Nexus“, die allesamt zwischen 3:04 und 3:12 Minuten lang sind und somit durchaus ein elementares Grundkriterium einer 08/15-Styling-und-Casting-Produktion aufweisen, sind über und über mit süßlich-klebrigen Melodien versehen, die sich auf eine absolut hinterfotzige Art und Weise und trotz unerbittlicher Gegenwehr des Kritikers im Hirn breitmachen. Das liegt vor allen Dingen an Sängerin Elize Ryd, die den Großteil der Vocals bestreitet und beweist, warum sie bei Projekten wie Timo Tolkkis AVALON oder als Backgroundsängerin bei KAMELOT derzeit schwer gefragt ist. Bei AMARANTHE wirkt ihr Talent eher vergeudet, insbesondere im Zusammenspiel mit den beiden weiteren Sängern Andy und Jake E, die für die „harten“ (hüstel) Parts und Growls zuständig sind, macht sich Mitleid breit angesichts der musikalischen Nullsubstanz, die hinter den Songs steckt.
FAZIT: 08/15-Stakkato-Riffs, ultrasimples Drumming, das manches Mal die Grenze zum diskokompatiblen Dancefloorsound überschreitet, furchtbar klebrige und unverschämt süße Melodien, eine bis zum Erbrechen totproduzierte Sterilität – „The Nexus“ wäre vermutlich eine ordentliche Popscheibe, wenn man sich nicht selber auf die Fahnen schreiben würde, ins Metal-Segment einsortiert werden zu wollen. Bis auf die Sängerin ist an AMARANTHE alles entbehrlich. Wie bei Lothar Matthäus: Bei dem ist bis aufs Kicken auch alles entbehrlich. Vielleicht sollte man „Loddar“ mal mit Elize Reide bekannt machen. Ins Beuteschema des testosterongesteuerten Ex-Fußballer würde die AMARANTHE-Frontdame wohl passen…
Punkte: 4/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.03.2013
Johann Andreassen
Elize Ryd, Andy, Jake E.
Olof Mörck
Olof Mörck
Morten Lowe Sorensen
Spinefarm/Universal
42:30
22.03.2013