Mit „Human (The Tales)“ und „Human (The Facts)“ haben die argentinischen Heavy-Progger FUGHU ihr zweites und drittes Album am Start. Der geneigte Hörer kann die Alben einzeln oder in der „Limited Edition” (die dankenswerterweise zur Besprechung vorlag) gemeinsam käuflich erwerben.
Gegenüber dem Vorgänger „Absence“ wurde der Metal-Anteil noch weiter zurückgefahren, zugunsten eines massiven, dramatischen Konzepts, das düster-bedrohlichem Rock den Vorzug gibt. Der Anfang der „Tales“ weist noch am ehesten in die Vergangenheit, in der FUGHU ja schon mit zurückhaltenden, keyboardlastigen Momenten überzeugten, doch der kurze knackige Einstieg ohne ausschweifende Frickelei ist nur das heftige Vorspiel zum großen Thema des menschlichen Dramas, das FUGHU in gut achtzig Minuten vortragen.
Eingehüllt in selbst erschaffene Finsternis sucht der Mensch nach Auswegen, kämpft gegen Gewalt, dem Missverstehen, der Ignoranz und Gleichgültigkeit, versucht Repressalien zu entkommen, die manchmal Familie heißen. Glaube, Liebe, Hoffnung, Schicksal, Wissen oder doch nur Machtspiele? FUGHU wünschen sich Antworten, finden aber meist nur Fragen. Die Santiago Bürgi, stimmlich merkbar gegenüber dem Debüt gereift, mit Nachdruck stellt. Manchmal unterstützt von illustren Gästen wie THRESHOLDs Damian Wilson („Quirk Of Fate“) oder dem gebürtigen argentinischen Tenor Dario Schmunck, den seine zahlreichen Engagements im deutschsprachigen Raum wohl befähigen, als „Otto Climb“ unsterbliche Zeilen im Song „Vater“ auf Deutsch zu singen: „Dein Schicksal wird immer auf Knien um Gnade zu bitten, wie dein Vater dir gelehrt hat“. Schmunck fügt sich exzellent ins gewählte Konzept ein, allen (in diesem Fall charmanten) grammatikalischen Schwächen zum Trotz, erzeugen Musiker und Gastsänger eine eindrückliche, unheimliche Atmosphäre.
Die menschlichen Geschichten und Fakten sind nicht gerade ein Quell sprudelnder Freude. Dass sie es doch werden, dafür sorgte der knackige, nachdrückliche (Neo-)Prog, der kleinere Schnörkel nur zulässt, wenn sie song- oder themendienlich sind. Präsente Keyboards, vielfältig und abwechslungsreich eingesetzt, Gitarren, die losbrettern, aber auch elegische, schwebende Stimmungen erzeugen können, während Bass und Schlagzeug für gehörigen Druck sorgen. Irgendwo zwischen PINK FLOYD nach „The Wall“ und THRESHOLD in Alptraumstunden haben sich FUGHU eine musikalische Festung erbaut, die sie bei Bedarf genüsslich einreißen.
FAZIT: FUGHU spielen kraftvolles Grand-Guignol-Prog-Theater. Bis man erkennt, dass die teils disparate Beschaffenheit des Ganzen doch gut zusammen passt, braucht die Abrechnung mit der Menschheit ein wenig Anlaufzeit, kommt dann aber innig und mit ruppiger Wucht. Volltönend, ohne an Überladenheit zu leiden. Das ist gewiss nicht unpathetisch und wahrlich kein Stimmungsaufheller, wird aber mit Nachdruck und Überzeugungskraft zu Gehör gebracht. FUGHU belegen höchst energisch, dass man musikalisch nicht um Argentinien weinen muss.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 10.10.2013
J.M.Lopez
Santiago Bürgi, Ariel Bellizio, Damian Wilson, Dario Schmunck
Ariel Bellizio, Jeff Kollman
Marcelo Malmierca
Alejandro Lopez
GEA
Eigenproduktion/Just For Kicks
CD 1: 46:25/CD 2: 39:15
27.09.2013