Was vor der Jahrtausendwende in SCORPIONS-City begann, legt jetzt nach neun Jahren ohne Veröffentlichung ein zweites Album vor: MINDWISE spalten damit das Gemüt des Rezensenten, denn ihre verzückenden Artrock-Anwandlungen und ein einstweilen aus der Grabbelkiste stammender Alternative-Putz wollen sich nicht so recht miteinander vertragen.
Was "The Midnight Spriral" auszeichnet, ist die facettenreiche Arbeit der Gitarristen, derweil Sänger Stephan zuweilen für einen beliebigen REAMONN-Touch sorgt, was auch an seinen Texten ("You") und dem leutseligen Vortrag liegt, der an überkommenes Generation-Grunge-Geseier denken lässt. So wirken Tracks wie "Once", "Sin" oder "Redefine" (die Titel sind bereits austauschbar) nachgerade bieder, so man nicht genau hinhört, denn die musikalische Umsetzung fällt meistens derart geschmackvoll aus, dass man MINDWISE ruhigen Gewissens in die junge Alterna-Prog-Szene schieben darf. Die Power Ballade "Take A Walk" gehört zu den ruhigen Höhepunkt des Albums.
Mit "World In My Eyes" (spätere INCUBUS klingen bei diesem DEPECHE-MODE-Stück an) und dem schwelgerischen "Complaint" verzeichnet die Gruppe satt krachende Hits, wohingegen "Chasing The Sun" und "Out Of Time" eher zum Gähnen einladen. Das etwas psychedelische Doppel aus "For A While"
und "Longing For A Better Day" (subtile Dissonanzen sorgen für eine erfrischende Brechung) spricht für den Weitblick der Hannoveraner, die mit diesem Album nach ihrer Sendepause offensichtlich wieder in die Spur geraten. Man ist aufrichtig gespannt, wie sie ihren wirklich eigenständigen Sound (angenehm dumpfe, natürliche Produktion übrigens) weiter kultivieren.
FAZIT: Abgesehen von zu ähnlich gestrickten Refrains haben MINDWISE ein abwechslungsreiches Album zwischen typischem Nineties-Sauber-Grunge und einem spartenfreien Zugang an Gitarrenmusik generell ersonnen, das zumindest auf halbem Weg überzeugt. Die Experimente (Schreigesang, Mainstream-Koketterie) sollte man sich zugunsten des individuellen Ausdrucks und angesichts der intelligenten Liedschreibe verkneifen.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.04.2013
Ingo Virkus
Stefan Kreuzfeldt
Ingo Werthmann, Marius Rolf
Phillipp Schepan
Finest Noise / Radar
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19.04.2013