OTEP haben das Talent sich (bewusst) zwischen die Stühle zu setzen. Für den Metalhörer werden die gehauchten spoken Words-Passagen zu ambient/industrialartigen Klangcollagen/Soundkulissen zu experimentell, bzw. statisch sein; für den Freund eben dieser düster-surrealen Klänge könnten die teilweise brachialen Nu-Metalparts zu abtörnend sein, in denen die Multimedia-Künstlerin und Frontfrau Otep Shamaya alles zum Besten gibt, was sie zu bieten hat, und das ist einiges, von wütendem Geschrei bis zu cleanem Gesang.
Wer aber beiden Aspekten offen gegenübersteht, wird mit „Hydra“ eine spannende Reise in ein so abstraktes wie durchkomponiertes Text-Musik-Labyrinth antreten. Grundlage des Albums ist eine Graphic-Novel, die leider dem Werk nicht beiliegt. Die Textlastigkeit ist also nicht verwunderlich, die Musik ersetzt begleitende Bilder und Kommentare. Inhaltlich geht es um eine, von Gewalttätigkeit und Missachtung anderer Lebewesen, geprägten Welt, die zudem begleitet wird von ihrer beständigen medialen Aufarbeitung. Eines der eindringlichsten Slow-Motion-Kapitel ist das achte Stück „Voyeur“ in dem die Erzählerin einen Tierschänder und -quäler, der sich während seiner Taten filmt, in einem brutalen Lehrstück so behandelt, wie er zuvor mit Tieren umging. Vor der Webcam natürlich. „So I helped him to understand“:
Musikalisch herrscht guter Nu-Alternativ-Metal-Durchschnitt vor, brutal-schneidend, aber auch in gemäßigtem Midtempo. Ausufernde Soli gibt es keine, Hochgeschwindigkeitsattacken ebenso wenig. Highlights sind der bedrohlich schleichende Metal-Rap „Apex Predator“, das zu Beginn leicht an SIOUXSIE & THE BANSHEES erinnernde SlowMo-Stück mit heftigen Eruptionen „Seduce & Destroy“ sowie das hypnotische Finale „Theophagy“ („Feed it. Fuck. It. Breed it. Eat it. We remain Animals“). Das Mantra eines zerstörerischen Kreislaufs. Ergänzt um 16-minütige Stille und einen letzten Aufschrei. Schreckt unerwartet auf, wird aber wohl nicht allzu oft gehört werden, weswegen sich die klingende Lauflänge des Albums auf knapp 57 Minuten reduzieren lässt.
FAZIT: „Hydra“ ist eine bizarre Klanginstallation mit galligen Texten und dunkel-metallischem Soundtrack. David Lynch trifft in einem wilden Comic-Universum auf die lyrische PATTI SMITH und wütende KORN. Nicht leicht goutierbar, aber für Hörer, die sich darauf einlassen von eigenwilliger Faszination. Zu schade, dass der zugrunde liegende Comic-Strip Otep Shamayas fehlt.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.03.2013
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25.01.2013