Während nicht nur die indiskutable Antifa über die politische Lauterkeit der Deutschrock-Szene im Fahrwasser von Stefan Weidner und Co. diskutiert und die saubere Weste unter anderem der KRAWALLBRÜDER aufgrund von gegebenen Konzerten mit fragwürdigen Bands abstreiten will - Wasser auf die Mühlen der stets zum Märtyrertod bereiten Szene - reiten die Saarländer stur auf ihrer Erfolgswelle weiter. Rein musikalisch erübrigt sich eine Besprechung ihres nach 20 Jahren fünften Albums an und für sich, denn "Schmerzfrei" legt als weiteres programmatisches Produkt Zeugnis von der großflächigen Etablierung des typisch einheimischen Melodic Punk mit gewollter Straßenköter-Haltung ab.
Die Opfer beziehungsweise Gegen-alles-Haltung ("Weg von euch") gefällt KRAWALLBRÜDER nach wie vor gut, ohne dass die eigentliche Unglaubwürdigkeit eines solchen Duktus - schließlich reden wir von einer Charts-Combo - beim Hören stören würde. Dazu bietet "Schmerzfrei" schlichtweg zu abgefeimten Uptempo-Rock - abzüglich der obligatorischen Ballade "6 Fuß breit" im Sog von "Neben mir" - auf instrumental grundsolider, keinen Deut schmutziger Basis. Die zehn Kompositionen unterbieten andererseits niemals ein gewisses handwerkliches Anspruchsniveau, auch wenn man etwa die Gitarristen nicht dafür loben müsste; nach so langer Zeit sollte jeder halbwegs ambitionierte Musiker sein Metier beherrschen, und das tun diese Herren auch, zumindest was ihre Zwecke betrifft.
Überschaubare und umso eingängigere Leads, grölende Chöre ("Was lange währt" im Stil von "Gott mit uns"), und viele Ps von poppig über prollig bis zu Pathos ("Blut und Tinte") kennzeichnen den KRAWALLBRÜDER-Stil nicht erst seit gestern, aber zur plumpen Massenmobilisierung sind sich die Protagonisten mittlerweile zu schade. Davon zeugt das spielerisch genauso wie das textlich am Kitsch kratzende "Nur für dich" sehr gewitzte Titelstück und die meistens erfreulich unaufdringliche textliche Seite - dies auch trotz der obligatorischen Themen zwischen Brüderlich- und Biederkeit. "Hier spricht kein Nazi, keine Zecke, sondern ich, ob dir das passt oder nicht" ... gut gebrüllt, ihr Frakturschrift-Heinis.
FAZIT: Ohne einen definitiv immer noch vorhandenen Ruck von rechts in den musikalischen Subkulturen herunterspielen zu wollen darf man "Schmerzfrei" tatsächlich genau so rezipieren oder gar genießen, wenn man auf derlei Musik geeicht ist, wie es der Titel besagt. KRAWALLBRÜDER bereiten kein Bauchweh, sind inhaltlich im Guten wie im Schlechten harmlos (es sei denn, man hat immer noch Angst vor vermeintlich "böhsen" Wölfen im Schafspelz) und haben sich spielerisch wenn nicht weiterentwickelt, so doch schon lange von stumpfem Gerumpel und der Oi!-Basis distanziert. Dieses Album - im Grunde genommen Mainstream-Mucke - bekehrt niemanden und gefällt den Fans - Auftrag ausgeführt also, und wie weit diese und andere Gruppen solcher Art ihr Spiel kommerziell noch treiben können, sollen oder dürfen, mögen spätabendliche Nachrichtenmagazine und die Intelligenzia entscheiden.
Punkte: 7/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.01.2014
Swen
Swen
Pascal, Flo
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KB / Soulfood
56:59
31.01.2014