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Mastodon: Once More 'Round The Sun

Stil: Progressive Sludge

Cover: Mastodon: Once More 'Round The Sun

Bitte beachtet auch unser <a href="http://www.musikreviews.de/artikel/Mastodon-Once-More-Round-The-Sun-Massen-Review-109">MASTODON Massen-Review</a> unter den Kolumnen!

Ein Name wie MASTODON verspricht immer noch schaufelweise "Epic Greatness" – nur wird diese seit 2011 anteilsmäßig eher in die Produktion statt ins Songwriting investiert. Solange fett auf die Kacke gehauen werden kann, scheint das Resultat fast egal. Man erfreut sich eben an der abstrakten Kunst der zufällig generierten Spritzer an der Wand. "The Hunter" wäre mit dem Verkaufsetikett "Triple-Sized Randomly Skippable Stupid Noise Trash" vor drei Jahren angemessen beschrieben gewesen. Und "Once More `Round The Sun" ist "The Hunter 2".

Man muss schon eine Menge Humor haben, um lächelnd hinzunehmen, wie die Herrschaften aus Atlanta nach den auf ihre Weise völlig unterschiedlichen Meisterstücken "Leviathan", "Blood Mountain" und "Crack The Skye" höheren schreiberischen Ansprüchen Lebewohl sagten. Auch muss man wohl ein gewisses Faible für Gimmick- und Trashkultur aufbringen. Nur dann ist zu ertragen, wie sich Kongeniales mit Stupidem abklatscht, wie Geistesblitze über verdorrte Felder jagen.

Als hätte es das sauschlechtgute Coverartwork (der synästhetische Chaot in mir möchte es auswringen und in seinen Farben baden) nicht schon erahnen lassen, legt die quasi als "More Of The Same" vermarktete nächste Sonnenumrundung eine ungeahnte Fülle an technisch vorzüglich umgesetzten, jedoch melodisch mitunter richtig banalen Riffs vor, verpackt in einer grellen, magnetisierenden Produktion, die dicke Farbbomben vor dem inneren Auge platzen lässt und eine qualitative Auseinandersetzung mit dem Material in den ersten Durchläufen gar nicht zulässt. Schon auf "Tread Lightly" kommt alles zusammen, was (nicht) zusammengehört: Der Refrain ist ähnlich klanghaft wie Wolfsgejaule auf Draculas Anwesen, aber wie aus dem Nichts kommt da dieses coole Interludium angaloppiert. Die Rhythmik verspricht eine kumulative Anhäufung weiterer Instrumente, noch schwerere Gitarren und walzenderes Schlagzeug und dann einen fetten Klimax am Ende. Spätestens nach sechsmaliger Durchexerzierung des Viervierteltakts wird das Break sehnlichst erwartet, stattdessen wird ohne einen dramaturgischen Wechsel aber noch zwei weitere Male auf dem immer noch coolen Riff gesurft – bevor man zum Refraingejaule zurückkehrt. Das ist so schlecht, dass es schon wieder gut ist. Als dann ein eigentlich viel zu schnelles Solo den Song virtuos abschließt, wird endgültig Edeltrash draus.

Auf dieser so zugänglichen und doch befremdlichen Klaviatur der knüppelfetten Omnipotenz schlagen sich MASTODON also fast eine Stunde lange die Stoßzähne aus dem Schädel, lassen 70s Hardrock mit Frickelei aus der Progschule kollidieren, führen Queens-Of-The-Stone-Age-Gesangsfärbungen ein und reihen im destruktivistischen Stil eine Schnapsidee an die nächste, ohne sich einen feuchten Kehricht um das äußere Gesamtbild zu scheren. Dabei klingt die Platte eigentlich sogar viel weicher und kommerzieller als alles zuvor. Da ist nicht mehr diese intensive Dichte der frühen Hardcore-Platten, bei dem man das Gefühl hatte, da wurde in unmenschlich engen Maschen ein königlicher Metallteppich gewoben, auch der mathematische Bogen des bislang einzigen lupenreinen Prog-Ausrutschers "Crack The Skye" wird vergeblich gesucht. Dies ist nun eher ein reich gedecktes Buffet, bei dem auch das Auge mitisst, und so wirkt "Once More `Round The Sun" fast ein wenig wie der ungestüme, trampelhafte, sorg- und konzeptlose kleine Bruder von BARONESS’ "Yellow & Green", das ähnlich farbenfroh, jedoch bei weitem andächtiger war.

FAZIT: Lässt man sich einmal drauf ein, kann man mit "Once More `Round The Sun" einen schönen 2014er Sommer verbringen. Offenkundig wurde die mit "The Hunter" entdeckte Konzeptlosigkeit zutiefst genossen und sie möchte nun – quasi als Konzept – weitergeführt werden. Die neue Platte ist zugleich schlechter und besser als ihr Vorgänger, mit anderen Worten: sie ist spaßiger. Dynamischer. Schlichtweg einen Hauch relevanter. Und doch schlägt man verzweifelt die Hände über dem Kopf zusammen, bedenkt man die Perlen im Archiv jener Musiker, die da so fröhlich mit Säuen werfen.

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.06.2014

Tracklist

  1. Tread Lightly
  2. The Motherload
  3. High Road
  4. Once More 'Round The Sun
  5. Chimes At Midnight
  6. Asleep In The Deep
  7. Feast Your Eyes
  8. Aunt Lisa
  9. Ember City
  10. Halloween
  11. Diamond In The Witch House

Besetzung

  • Bass

    Troy Sanders

  • Gesang

    Troy Sanders, Brent Hinds, Brann Dailor

  • Gitarre

    Brent Hinds, Bill Kelliher

  • Schlagzeug

    Brann Dailor

Sonstiges

  • Label

    Reprise/Warner

  • Spieldauer

    54:18

  • Erscheinungsdatum

    20.06.2014

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