Noch nie ist es mir so schwer gefallen, exakt die Titelliste eines Albums wiederzugeben. Wenn es also um ausgefallene graphologische Ideen geht, dann ist dieses musikalische Quartett aus Norwegen schon mal absolute Spitze. Ob sie diese Spitze auch aus musikalischer Sicht halten können, ist natürlich die große Frage, deren Beantwortung bei Weitem nicht ganz so leicht fällt.
Und damit wir nicht nur mit PINK FLOYD auf ihre „dunkle Seite des Mondes“ abfahren, sondern bald wohl auch auf eine Band aus Norwegen, die sich auf eine „Mondschaltung“ beruft, mit der bereits 1951 Radiowellen vom Mond transferiert werden konnten, wissen wir nun, wie diese wohl so etwa klangen, auch wenn wir sie nicht benennen, sondern höchstens auf dem Album lesen können.
Oder sollte ich den ersten Titel wirklich „Gänsefüßchen, Gänsefüßchen, Gänsefüßchen, Gänsefüßchen S“ nennen?
Besser nicht!
Denn eins ist beim Lesen der Trackliste wohl jedem klar: Die Musik von MOON RELAY ist instrumental!
Genauer gesagt - eigenartig experimentelle, anfangs gewöhnungsbedürftige, aber später begeisternde, elektronisch grundierte, krautig rockende, psychedelisch wabernde Instrumentalmusik, für die MOON RELAY ihre ganz eigene Beschreibung gefunden haben, indem sie diese als „kryptischen Rock für das bewegte Innere“ bezeichnen und damit den Nagel zwar nicht auf den Kopf, aber die Note im Ohr treffen.
Ganz ähnlich, doch trotzdem nicht so abgefahren wie die Norweger, etablierten sich bereits die französischen Elektronik-Pioniere mit deutlichem Hang zu Techno und House von DAFT PUNK überraschend erfolgreich auf dem international anerkannten Musikmarkt. MOON RELAY agieren dagegen experimenteller, ja sogar improvisierter & punkiger, wobei sie diesen Ausbrüchen im gleichen Atemzug sphärische Synthie-Klänge gegenüberstellen, die einen beim Hören immer wieder Verwunderung abverlangt.
Diese vier Jungs aus Oslo mit ihren vielen Tasteninstrumenten, zwei Gitarren, Bass, Percussion, einem „normalen“ Schlagzeug und zwei Schlagzeugmaschinen, neudeutsch auch Drum-Computer genannt, wuseln sich durch die unterschiedlichsten Musikstile, die auf den ersten Blick gar nicht richtig zusammenzupassen scheinen - Pop mit avantgardistischen Ideen, Rock der noisigen & krautigen & spaceigen Art, Jazz, der auch zu gehörigen Freiflügen ansetzen darf, und natürlich das breite Spektrum elektronischer sowie minimalistischer Klanglandschaften. Und während das deutsche KRAFTWERK noch über die Autobahn tuckelt und die Gefährlichkeit von Radioaktivität sinniert, saust das norwegische MOON RELAY bereits mit ihrer Musik-Rakete Richtung Mond und nimmt alles mit, was ihnen dabei über den Weg fliegt - sogar die eine oder andere Schallwelle, die noch auf der Suche nach ihrem Empfänger ist.
FAZIT: Wer Klang als Entdeckungsreise versteht und für den Songtitel nur unaussprechlicher Schall und Rauch sind, der sollte sich umgehend in die Sendefrequenz von MOON RELAY einklinken!
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.09.2014
Ola Høyer
Håvard Volden, Daniel Meyer Grønvold
Håvard Volden, Daniel Meyer Grønvold
Martin Smådal Larsen
Fysisk Format / Cargo
39:21
05.09.2014