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Morbus Chron: Sweven

Stil: Post-Death Metal?!

Cover: Morbus Chron: Sweven

Eigentlich hatte ich mir die Kriterien, an denen ich die neue MORBUS CHRON messen wollte schon zurecht gelegt: "alte PESTILENCE/DEATH", "dreckige Produktion", "keine Experimente". Mit "Sweven" allerdings streckt einem die Band einen riesigen Stinkefinger entgegen und wirft ihren Sound bis auf ein paar Spurenelemente komplett über Bord.

Folglich beginnt das Album nicht mit einem knapp dreiminütigen Hassbatzen, sondern einem Intro, das schon eine grobe Ahnung davon gibt, wo die Reise hingehen könnte. Schon hier setzen MORBUS CHRON mehr akustische Akzente als manche Genrekollegen in ihrer ganzen Karriere. 'Berceuse' führt uns in eine Welt, die einem zwar irgendwie vertraut ist, aber nicht vollends bekannt vorkommt. Es hat etwas Progressives, etwas Psychedelisches, aber es ist irgendwie anders. Im anschließenden 'Chains' offenbart die Band dann, was sie mit ihren Hörern vor hat. Die Gitarren sind zwar verzerrt, aber nicht so fett wie man es von Death Metal-Bands erwartet. Ja, es gibt auch Blastbeats und Robert Andersson hört sich immer noch an wie eine Mischung aus Chuck Schuldiner und Patrick Mameli, aber das war es dann auch mit den alten Trademarks. Der Song wird von einem Riff getragen, das auch gut und gerne auf der aktuellen IN SOLITUDE stehen könnte. Es wird noch ein paar Mal passieren, dass man sich beim Durchlauf von "Sweven" an diese von Post Punk inspirierte Platte erinnert, aber MORBUS CHRON dürfen, weil sie die Versatzstücke in einen ganz neuen Kontext einbetten. Eine ähnlich eigenwillige, aber doch ganz anders klingende Melodieführung kenne ich sonst nur von NECROS CHRISTOS.

Neben den Ohrwurm-Riffs tauchen auch immer wieder akustische E-Gitarren-Momente auf, die eine interessante Atmosphäre schaffen, die der Band völlig eigen ist. Es ist eine Stimmung, die sogar Akustisches morbide klingen lässt. Ähnlich mutig, aber mit unterschiedlichem Erfolg gingen – und damit kommen sie doch nochmal zur Sprache – PESTILENCE und DEATH zu ihrer Zeit vor. Letztere haben es mit ihrem Drang nach Experimenten sogar geschafft eine ganze Szene in eine neue Richtung zu lenken. Ähnliches von MORBUS CHRON zu erwarten ist sicher ein wenig zu viel verlangt. Trotzdem sei die DIE ÄRZTE-Frage erlaubt: "Aber ist das noch Death Metal?" Ich sags mal so: mich würde es nicht wundern, wenn ich demnächst den Begriff Post-Death Metal des Öfteren vernehme. Mit dem abschließenden 'Terminus' schreiben MORBUS CHRON dann auch noch das Instrumentalstück, nach dem METALLICA seit 'Orion' auf der Suche sind. Ein epischer und stimmiger Schlusspunkt für ein starkes und vielleicht richtungsweisendes Album.

FAZIT: "Sweven" ist nicht nur das mutigste Death Metal-Album seit langem, sondern auch eine der gelungensten Extreme Metal-Produktionen der letzten Jahre. MORBUS CHRON erschaffen sich ihre eigene Klangwelt zwischen Death Metal, Progressive und Post Rock, ohne dem Generalverdacht der unerlaubten Riffübernahme zum Opfer zu fallen. Ganz im Gegenteil könnte sich "Sweven" sogar als richtungsweisend entpuppen.

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 18.02.2014

Tracklist

  1. Berceuse
  2. Chains
  3. Towards A Dark Sky
  4. Aurora In The Offing
  5. It Stretches In The Hollow
  6. Ripening Life
  7. The Perennial Link
  8. Solace
  9. Beyond Life's Sealed Abode
  10. Terminus

Besetzung

  • Bass

    Dag Landin

  • Gesang

    Robert Andersson; Edvin Aftonfalk

  • Gitarre

    Edvin Aftonfalk; Robert Andersson

  • Schlagzeug

    Adam Lindmark

Sonstiges

  • Label

    Century Media

  • Spieldauer

    52:42

  • Erscheinungsdatum

    21.02.2014

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