Da diese vor zwölf Jahren erschienene Scheibe in manchen Kreisen als Klassiker gilt, ergibt eine Wiederveröffentlichung in solcher Form Sinn: BRITISH SEA POWER lassen sich nicht lumpen und stellen den Originalsongs das komplette B-Seiten-Programm aus jener Zet anheim, bei dem es sich nicht kategorisch um Ausschuss handelt.
"The Decline Of British Sea Power" war und ist ein hörbar ambitioniertes Werk, mit dem sich die Briten stilistisch weitgehend freischwammen, indem sie den typisch atemlosen Indie bis Psych ihrer Heimat mit allem verschränkten, was ihnen so einfiel, vor allem Bezüge zur Weltliteratur im Inhaltlichen (höre das kurze wie traumschöne "Something Wicked"), während musikalisch von Garage Rock wie im kraftvollen Opener Doppel aus "Apologies To Insect Life" und "Favours In The Beetroot Fields" bis zu verboten eingängigen "left-of-field"-Radiosongs wie den Singles "Remember Me" und "Carrion" eine Menge geboten wird.
Die Platte ist ungemein roh produziert und dennoch raffiniert konzipiert, wobei sich die Wilkinsons überdrehte Stimme als roter Faden erweist. Dem schlichten "A Wooden Horse" steht das wahnsinnige Epos "Lately" gegenüber, das subtil gewagt wie monströs poppig anmutet, ja sogar für BRITISH SEA POWER untypischen Post Rock andenkt (übrigens ein auf der zweiten CD häufiger vermittelter Eindruck. Das macht ihre Musik hier so originell wie zuvor und danach nicht mehr, und die eigenwillige Schönheit des Songswritings wie Sounds macht fast süchtig.
Die vermeintlichen B-Seiten wirken noch bunter, angefangen bei den entschleunigtenn Balladen "Albert's Eyes" sowie "Salty Water", die PINK FLOYD mit Syd bis zuletzt denkbar machen, über das Duett "Moley & Me" (europäische THE VELVET UNDERGROUND?) bis zum monumentalen Instrumental "Heavenly Waters" und dem treibenden Dada-Punker "The Scottish Wildlife Experience". "The Decline-Era B-Sides" - so heißt die Scheibe - ergibt so beinahe ein weiteres Album für sich selbst mit gänzlich anderer, aber in sich geschlossener Stimmung. Mehrwert? Definitiv
FAZIT: Dass BRITISH SEA POWER mit diesem Album eine zwingende Brücke von THE SMITHS zu neuen Wilden wie FRANZ FERDINAND und nicht zuletzt ihnen selbst geschlagen haben, daran ändert sich nichts; der Re-Release mit Bonusmaterial lädt zum (Neu-)Entdecken ein und ist in welcher Edition auch immer eine Investition wert, ob man Musikhistoriker ist oder generell auf heißen Inselkram kann bis zur Demoversion des Album-Öffners ("Russian Rock", weil der Text Dostojewski geschuldet ist).
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.06.2015
Neil Hamilton Wilkinson
Yan Scott Wilkinson
Yan Scott Wilkinson, Phil Sumner
Martin Noble, Phil Sumner
Matthew Wood
Abi Fry (Geige)
Golden Chariot / Indigo
47:19
05.06.2015