Die jüdische Gemeinde in New York ist groß, also verwundert dieser Ton gewordene Schulterschluss aus US-Ostküste und Jerusalem von kultureller Warte aus betrachtet nicht sonderlich. Was die Musik angeht, erweisen sich SHALOSH als Jazztrio ohne Scheuklappen und sind stilistisch entsprechend breit aufgestellt.
Virtuosität bekundet vor allem Pianist Stern, der rasende Läufe ebenso gewinnbringend einflicht wie manch Atonales ("Elephant", ein dröhnendes E-Klavier-Experiment) und umso verzückendere Harmonien ("Everything Passes, Even the Trees"). Die Rhythmusgruppe legt tatsächlich, wie es sich gehört, ein solides wie tückisches Fundament, auf dem sich der Leader austoben kann. SHALOSH klingen darum in keiner Komposition stimmungsmäßig einheitlich, sondern können betören wie verstören, beruhigen und zugleich aufreiben.
Das verschmitzte "Computer Crash" zu Beginn scheint einen ebensolchen zu orchestrieren, gleicht sich aber durch die Ballade "Leaving Maine" mit teilweise gestrichenem Bass wieder aus. Viersaiter Benhorin brilliert gleich darauf in "Brain Damaged Pumpkin Pie" mit synkopischem Spiel, wohingegen "Pleasure and Disgrace" vielmehr fließt und melodisch besonders zugänglich ausfällt.
Urbane und ländlich zugleich wirkt "Jerusalem State of Mind", wohl das Stück schlechthin mit Bezug auf SHALOSHs Selbstwahrnehmung. Das Trio kokettiert mit Ungewohntem (zum Beispiel kurze Synth-Fahnen im eigentlich abgeklärten "Song for Daniel" und während "Sandy"), ohne zu dekonstruieren, was "The Bell Garden" für Traditionalisten und Entdecker gleichermaßen zum Fest macht. Die dynamisch herausragende Produktion (höre das anschwellende "Get Gone" und das ebenso struktierte Enddrama "Eulogy") spielt den Musikern in die Hände und garantiert ein breitwandiges Erlebnis ohne Schwulst.
FAZIT: Jazz und doch nicht Jazz, Kammermusik wie orchestralen Schmelz - das alles bietet "The Bell Garden" beziehungsweise ein Verbund dreier Musiker, die rein akustisch beeindruckende Klangspektren abdecken und dabei nicht vergessen, worum es musikalisch immer geht: Gefühl und Auflösung allen bewussten Brechungen zum Trotz. So macht Postmoderne Spaß.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 05.05.2015
Daniel Benhorin
Gadi Stern
Matan Assayag
Kontor
41:35
03.04.2015