Rund 50 Jahre jung sind die Veteranen THE PRETTY THINGS aus der Woodstock-Ära und exerzieren auf "The Sweet Pretty Things", was sie am besten können, aber die zwölfte Studioplatte der Institution bezeugt in manchen Momenten eine Frische und Kraft, die man von "alten Herren" nicht unbedingt erwarten würde.
So innovativ wie auf dem legendären Pionier-Konzeptalbum "S.F. Sorrow" gibt sich die Gruppe natürlich nicht mehr, was aber nicht sein muss, wenn sie ihren Stil so unverbraucht darbietet wie auf ihrem ersten richtigen Album seit sieben Jahren. Mit "The Same Sun" scheinen May und Co. ausdrücken zu wollen, dass sich seit "damals" eigentlich nichts geändert haben muss, solange man noch zu träumen wagt, was vielleicht etwas naiv wirkt, aber ohne Lächerlichkeit funktioniert - nicht zuletzt dank einiger verhältnismäßiger Kracher im Folgenden. "You Took Me By Surprise" ist ein solcher, genauso wie der sich dramatisch aufschwingende Abschluss "Dirty Song" der die eher helle Stimmung insgesamt als einziges Stück aufweicht - relativ gesehen.
Klanglich üppige (Satzgesang!) wie luftige (die unverkennbare Gitarrenarbeit) Mini-Epen - die Songlängen halten sich im konventionellen Rahmen - der Marke "Dark Days ", "Renaissance Fair" oder "Greenwood Tree" (nachgerade proggiges Glanzlicht der Scheibe) stehen auf der anderen Seite, wobei die Produktion "alt" anmutet und dennoch auf der Höhe der Zeit steht, vielleicht auch aufgrund des Retro-Booms in den letzten Jahren. Dem zollt gewissermaßen auch das treibende "Turn My Head" Tribut, wohingegen "Hell, Here And Nowhere" als Ballade stilistisch aus dem durchweg wunderbaren Rahmen fällt
FAZIT: Man ist fast geneigt, das ganze Psych-Revival mit diesem Album im Ohr für nichtig erklären zu wollen - "The Sweet Pretty Things" ist ein Ausnahme-Genrewerk und hätte vor schätzungsweise 40 Jahren für Aufsehen gesorgt, weshalb man es heute als Klassiker bezeichnen würde. Da das alles zwischendurch aber schon oft wiederholt wurde, soll es nicht sein, aber pfeifen wir mal tunlichst auf musikhistorische Korrektheit und die Sehnsucht nach ständig Neuem.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.06.2015
George Woosey
Phil May
Dick Taylor, Frank Holland
Jack Greenwood
Repertoire / Sony
36:50
12.06.2015