Süß säuselnde Schwedinnen zu schwerelosem Electropop – wer kann da schon widerstehen?
Ganz so schwerelos ist die Musik von TIKKLE ME allerdings nicht, die programmierten Rhythmen hämmern sich unbarmherzig ins Hirn und bei Gefallen in Bauch und Beine. Doch es haben sich ein paar langatmige Wiederholungsschleifen eingeschlichen, kaum spannender als ein solistisches Ping-Pong-Spiel gegen die hälftig hochgeklappte Tischtennisplatte.
In den besseren Momenten ergeben die tanzbaren und besinnlichen Melodien einen spannenden Kontrast zum hämmernden Beat ab, der manchmal an wavige Frühzeiten (HUMAN LEAGUE vor dem Split) erinnert („Six Senses Screaming“). In den schlimmeren Augenblicken nervt die an BJÖRK in Plastiksandalen erinnernde, jungmädchenhafte Attitüde in Verbindung mit einfallslosem Plastikgeplinge („Genius“, „Rebels“ partiell, da ist die Melodie einfach zu stark und setzt sich gegen das stoische Marschieren der Maschinen durch), trotz der konterkarierenden, kämpferisch-feministischen Lyrics.
Höchst wohlgeraten sind der Opener, ein tanzbares Synthie-Pop-Schätzchen und die Ballade (und gleichzeitig Single-Hit) „Niagara“. Androidinnen im Rausch der sehnsüchtigen Emotionen, gepaart mit witzigen Lyrics. Starker, stimmiger Song. Gilt ähnlich für das hüpfburgtaugliche „Time To Act“, mit leichter EMILIA TORRINI-Reminiszenz („Learn From the Lions…“) sowie in weiten Teilen das wehmütige „Cliffhanger“, das Frida Herchenröther manchmal als eine Art KATE BUSH auf Ecstasy zeigt. Den eigentlichen Höhepunkt haben sich TIKKLE ME bis zum Schluss aufgehoben. Das düster-pumpende „V for Venom“ lässt nicht vermuten, dass der folgende Finalist „Under The Bridge“ eine sechsminütige, gespenstische Ballade mit hallendem Piano und wunderbarem Chor ist. Geht fast als Neo-Klassik durch. Fast. Jedenfalls mehr von dieser Intensität – ruhig auch mit höherem Tempo - und das nächste Album explodiert in den zweistelligen Wertungsrängen.
FAZIT: TIKKLE ME frönen, nach dem starken „Sisterhood“, ein wenig zu sehr dem Hang zu Wiederholungen und platter Rhythmik. Doch ab „Niagara“ fängt sich das Album, wird packender, intensiver, kurz düsterer, ohne, mit Ausnahme des Schlusstracks, den Pfad gepflegten, tanzbaren Synthie-Pops zu verlassen. Erst ein klein bisschen pfui, dann ziemlich hui.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.06.2015
Frida Herchenröther
Karin Taberman, Frida Herchenröther
Gaphals/Broken Silence
42:13
24.04.2015