Ostdeutschland rockt: Wie aus dem Nichts kamen WUCAN aus dem Chemnitzer Raum mit ihrer EP letztes Jahr daher und vereinnahmten vor allem Metal-Kreise mit ihrem doch sehr krautigen Classic Rock … und womit noch? Mit Recht, denn die Band sticht offensichtliche Mitbewerber - allen voran BLUES PILLS aufgrund der Ausgangskonstellation mit Frauengesang und vermeintlichem Hippie-Flair - extrem locker aus, was Vielseitigkeit angeht.
Wo die Schweden-Truppe vor allem herumbluest, stellt das blaue Genre bei WUCAN nur eine Zutat in einem bunten Potpourri dar. Das Quartett vermischt munter jazzige, sogar funkige und satt rockende Elemente zu einem recht eigenständigen Ganzen, das für so junge Menschen verblüffend reif klingt. Dabei katapultiert sich Sängerin Francis vom Fleck weg ins obere Drittel der Frontfrauen in diesem Bereich, wenn man Ausdruckskraft als Maßstab nimmt.
Eine Epigone von Joan Baez ist sie genauso wenig wie eine Nachahmerin von Inga Rumpff oder gar Nina Hagen, wie man angesichts des starken Bezugs zu deutschem (Kraut-)Rock denken könnte. WUCANs stilistische Bandbreite vom Experimentellen zum Konventionellen trägt Francis konsequent Rechnung, woraus sich sowohl eingängige "Hits" wie "Owl Eyes" als auch Epen wie das improvisatorisch orientierte "Wandersmann" ergeben, letzteres bereits ein frühes Denkmal einer aufstrebenden Gruppe, die sich definitiv noch weitere setzen wird.
Übrigens: Bei all den Blumen und 1960er-Bildern: "Sow The Wind" enthält kein Gramm Kitsch, sondern geerdete, wiewohl ausschweifende Rockmusik teils virtuoser Art.
FAZIT: Zeitlos, flexibel, emotional, handwerklich den Atem raubend und in puncto Spielfreude gen Maximum tendierend: WUCAN ist mit "Sow The Wind" DAS Classic-Rock-Debüt des Jahres gelungen, und zwar nicht nur auf Deutschland bezogen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.09.2015
Patrick Dröge
Francis Tobolsky
Francis Tobolsky
Leo Vaessen
Tim George
Francis Tobolsky (Flöte, Theremin)
Hänsel & Gretel /MiG
54:34
11.09.2015