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King's Tonic: Tanz mit mir

Stil: Deutsch-Rock zwischen Pop und Punk und Peinlichkeit

Cover: King's Tonic: Tanz mit mir

Die Aufforderung ist unmissverständlich: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=kvJaYxS9f70&feature=youtu.be" rel="nofollow">„Tanz mit mir“</a>!
Und beim Tanzen ist ja der Rhythmus wichtig, die Texte weniger.
Aber wenn die beiden KING‘S TONIC-Musiker in ihren deutschen Texten, die sie mit zwei mittelmäßigen, mitunter nervenden oder gänzlich schiefen Stimmen vortragen, sich auch noch pseudointellektuell geben und dabei einem das Germanistik-Gruseln beibringen, dann möchte man James Mean und Swen O. Heiland zurufen: „Lasst es sein!“
Wer solche Texte verzapft, sollte besser entweder englisch seine Botschaften feilbieten, da gehen gewisse Dinge sowieso unter, oder sich Texter suchen, die mehr draufhaben, als so zu tun, dass man Ahnung von deutscher Literatur und Lyrik hätte. Aber stattdessen beweist einem der Titel „Zwei Minuten Dreißig Poesie“ schon die komplette deutschsprachige Einfältigkeit von KING‘S TONIC, die, wenn sie ein klein wenig im Literaturunterricht aufgepasst hätten, wissen müssten, dass man Poesie nur in geschriebener Literatur abbilden kann und dafür vielleicht Versmaße, aber definitiv keine Zeiteinheiten „berechnen“ kann. Mit „Zehntausend Jahre“ treten die beiden dann auch noch den Beweis an, dass sie mit Geschichte nicht wirklich viel am Hut haben. Dafür haben sie aber immer was zu sagen bzw. zu singen, wo schweigen manchmal angebrachter wäre. Aber auch vorm Kollegen-Bashing machen die Jungs nicht halt, wobei aber eher ihr Neid durchschimmert: „Im Radio läuft nur Schrott und Kraftklub!“ („In den letzten zehn Jahren“). Wenn sie den Song dann mit dümmlicher Polit-Floskelei fortsetzen, um am Ende zu dem Schluss zu kommen: „Das Leben ist zu kurz für die Revolution“, nachdem sie zuvor betont haben, wie wichtig ihnen Punk-Musik ist, dann kann man nur noch traurig über so viel Naivität den Kopf schütteln und KRAFTKLUB hören!

Warum nur muss unsere deutschsprachige Rock-Musik immer wieder durch solchen qualitativen Schwachsinn, darauf hinweisen, dass es oft besser wäre, nur LaLaLa zu singen, was übrigens KING‘S TONIC auf „Tanz mit mir“ zur Genüge tun, statt sich an lyrischer Dichtkunst zu versuchen und diese verbal dabei zu vergewaltigen?

Musikalisch scheinen die Jungs dann gleich im ersten Text einen „versteckten“ Bezug zu ihrer Musik-Inspiration herzustellen, da sie auch gerne ein paar härtere Töne anschlagen: „Wir sind FREI, wir sind WILD, wir sind high, heut‘ nacht, Oh-Oh-Oh-Oh-Oh-Oh, Baby, tanz mit mir!“

So leid es mir auch tut, aber KING‘S TONIC sind textlich und musikalisch von FREI.WILD so weit entfernt wie der Ochse auf der grünen Wiese vom Rind im Schlachthof. Wer‘s nicht glauben mag, der werfe einfach mal einen Blick auf den Kurzauftritt der beiden Musikusse bei der <a href="https://www.youtube.com/watch?v=2VKT3V-bm1I" rel="nofollow">2015er Musikmesse in Frankfurt</a>. Ewig gleiches Gitarren-Geklampfe und Stimmen mit Hang zum Krächzen, die Banal-Lyrik verbreiten.
Mehr gibt‘s leider kaum zu entdecken bei KING‘S TONIC.

Da beide Musiker aus dem Ruhrpott kommen, weswegen in einem Song natürlich auch Borussia Dortmund gewürdigt werden muss, haben sie besonders in diesem Umfeld ihre Fangemeinde. Auch traten sie schon in aller Welt auf, was eigentlich unerklärlich ist, wenn man ihre aktuelle CD hört. Denn selbst der sehr gute Klang, der von EROC gemastert wurde, kann nicht darüber hinwegtäuschen, wie viel Laienhaftes und sogar Peinliches diesem Album innewohnt, das versucht, sich irgendwo zwischen REVOLVERHELD und den SPORTSFREUNDE STILLER sowie etwas Pop und Punk zu etablieren.
Versuch gescheitert. Punkt!

Die beiden englischsprachigen Songs „Home“ und „Waiting For Godot“ (Eine weitere Literatur-Leichenfledderei der Marke KING‘S TONIC!) schlagen mit ihrem schrecklich akzentuierten Gesang dem Fass des guten Geschmacks endgültig den Boden aus. Damit wäre auch der Vorschlag hinfällig, statt auf die deutsche auf die englische Sprache zurückzugreifen. Also, bitte nur noch LaLaLa!

FAZIT: „Ich blicke nicht zurück zu dir. Eine neue Stadt, neue Gesichter, neue Bars. Fick dich, das war‘s!“, so heißt‘s in „Vielleicht irgendwann“. Ähnlich ergeht es einem beim Hören von „Tanz mit mir“. Nur zu gerne möchte man mittanzen, doch wenn man genauer dabei hinhört, vergeht einem bei KING‘S TONIC sogar die Lust auf‘s Tanzen.

Punkte: 4/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.09.2016

Tracklist

  1. Tanz mit mir
  2. Zwei Minuten Dreißig Poesie
  3. Bilder von dir und mir
  4. Zehntausend Jahre
  5. Lass das Leben rein
  6. Unbeschreiblich
  7. Jetzt oder nie
  8. In den letzten zehn Jahren
  9. Ans Ende der Welt
  10. Vielleicht irgendwann
  11. Der Feind in meinem Kopf
  12. Home
  13. Waiting For Godot
  14. Zwei Minuten Dreißig Poesie (Live)
  15. Laura (Live)

Besetzung

  • Bass

    Tom Barthels

  • Gesang

    James Mean, Swen O. Heiland

  • Gitarre

    Swen O. Heiland

  • Keys

    Swen O. Heiland

  • Schlagzeug

    Andreas Bargel

Sonstiges

  • Label

    Eigenvertrieb / Timezone

  • Spieldauer

    53:06

  • Erscheinungsdatum

    02.09.2016

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