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Kornelius Flowers: Vintage Hedonist

Stil: Rock, Pop, Americana, Folk und ein paar Retro-Momente

Cover: Kornelius Flowers: Vintage Hedonist

Es ist schon eine verdammt gewagte Sache, wenn ein Musiker in seinem Eröffnungssong ABBA heraufbeschwört, aber eigentlich nicht die Bohne wie die schwedischen Chart-Stürmer und ESC-Sieger der 70er Jahre klingt - na ja, eigentlich sollen die Guten am Ende doch nur für ein Liebesvorspiel herhalten. Dafür eignen sie sich natürlich ideal, ganz im Gegensatz zu KORNELIUS FLOWERS, der mehr auf den Rock der 60er schwört, in denen Orgeln noch richtig orgeln durften, aber der auch dem 80er-Jahre-Pop nicht abgeneigt ist und verdammte (gesangliche) Ähnlichkeiten zu BOB GELDOF von den BOOMTOWN RATS aufweist. Überhaupt stehen garantiert Bands wie FISCHER-Z, BOOMTOWN RATS, TOM PETTY oder NICK CAVE und die B-52‘s im Plattenschrank von KORNELIUS FLOWERS.

Gut Kuchenessen ist allerdings auch mit der Band KORNELIUS FLOWERS nicht immer, denn nachdem man mithilfe von ABBA die Freundin zu einem Begattungritual rumbekommen hat, kann es einem schon passieren, dass mit heftigen E-Gitarren und zersplitterndem Glas der Krieg erklärt wird. Demnach lassen sogar die Punks von THE CLASH grüßen, eine weiter Entdeckung im geblümten Plattenschrank. Darum stellt „I Declare War“ unmissverständlich klar: „I know you wanna take my place, but you ain‘t got the skill / I declare WAR!“
Und als wäre das der Härte nicht schon genug, setzt „When I Will Be Your Man?“ noch eine Schippe an Härte drauf, bis uns „I Don‘t Believe In Anything“ wieder in entspannte Americana-Folk-Pop-Gefilde entlässt, die auch gerne ein TOM PETTY beackert und dabei schon einige „Wildflowers“ hervorbrachte.

KORNELIUS FLOWERS sprudelt vor musikalischen Ideen oftmals über, auch wenn er dabei den Hörer auf eine harte Probe stellt, denn der muss, um ihm angeregt folgen zu können, immer wieder den musikalischen Schwenk von Song zu Song mitmachen und offen für alles sein, was sich zwischen Folk und Punk genauso abspielt wie zwischen Pop und Americana oder 60er Retro-Sounds plus Glam-Rock, die auf 90er New Wave treffen. Sogar echte Hit-Nummern sind dabei zu entdecken, wie <a href="https://www.youtube.com/watch?v=dxvfX9v_yIE" rel="nofollow">„Fire In The Air“</a>, samt großartigem Mundharmonika-Solo und DOORS-Orgel, oder „Thousand Times“ mit diesem BEAUTIFUL SOUTH-Flair. Wenn die Musik gerade Spaß macht und man ordentlich mitwippt, taucht auch noch so ein bösartig rockender <a href="https://www.youtube.com/watch?v=cphe6WnnqjI" rel="nofollow">„Evil Head“</a> auf und versaut einem die Wohlfühlstimmung!
Man muss eben auf alles gefasst sein bei „Vintage Hedonist“ - und darin sind sich alle „großartigen Genießer“ doch einig, dass sowas nicht sehr viele Zeitgenossen mehr beherrschen, weil sie sich oftmals lieber auf bequeme Einseitigkeit festlegen, statt nach komplizierter Vielseitigkeit zu suchen.
Bei KORNELIUS FLOWERS kommt es aber genau darauf an.

FAZIT: Alle sprechen über einen singenden, peinlichen Opa, der auf den Namen UDO LINDENBERG hört und der früher mit seinem Panik-Orchester eine richtig coole Sau war. Über KORNELIUS FLOWERS aber spricht kaum wer, dabei ist er die coole Rock-Sau, die Opa Lindenberg schon längst über den Jordan werbetechnischer Vermarktungsschizophrenie gejagt hat. Ein ehrliches Album, das nicht „Stärker als die Zeit“, sondern viel besser als dieses Cowboyhutträger-Gesülze ist!

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.06.2016

Tracklist

  1. Abba
  2. Buried As A Child
  3. Fire In The Air
  4. Evil Head
  5. The Girl Who Lives On Heaven Hill
  6. Thousand Times
  7. I Declare War
  8. When Will I Be Your Man
  9. I Don‘t Believe In Anything
  10. The Way You Are
  11. The Right Way
  12. Hall Of Fame

Besetzung

  • Bass

    Herr Dannehl

  • Gesang

    Kornelius Flowers

  • Gitarre

    Kornelius Flowers, Matt Dawson, Veronique de la Chanson, David Klotz, Bernie Bredin, Hendrik Winkels, Fred Barreto, Steff Völpel

  • Keys

    Norbert Schmitz, Daniel Selbersuess

  • Schlagzeug

    Michael Stein

  • Sonstiges

    Ulle Backes, Anne Völpel, Steff Becker, Norbert Schmitz, Bernie Bredin (Backing Vocals), Thomas Hausen (Harmonika)

Sonstiges

  • Label

    SumoRex / Cargo

  • Spieldauer

    43:13

  • Erscheinungsdatum

    03.06.2016

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