Bruder und Schwester haben den Folk und etwas Blues, aber auch ganz viel Leidenschaft und Gefühl für große Songs, die sie nachspielen. Willkommen in der Familie Barber!
„The Family Album“ von MATTHEW & JILL BARBER verbindet eigene Folk-Songs mit Song-Perlen ihrer großen Vorbilder von BOBBY CHARLES über TOWNES VAN ZANDT bis NEIL YOUNG. Entspannt kommt die Musik dabei herüber, manchmal, wie auf „The Sweeter Dawn“ sogar völlig verträumt mit einer zärtlich „singenden“ Pedal Steel, die den warmen Stimmen der Geschwister eine weitere angenehme Klangfarbe hinzufügt. Unweigerlich denkt man beim Hören von „The Family Album“ immer wieder an ein anderes Geschwisterpaar - ANGUS & JULIA STONE, denen ebenfalls das ganz große Gefühl auf die Stimmbänder geschrieben ist. Aber auch CHRIS & CARLA, selbst wenn die keine Geschwister sind, tummeln sich in dem bunten Reigen der musikalischen Folk-Erinnerungen, die MATTHEW & JILL BARBER auf ihrem angeblich ganz persönlichen Album wecken. Nur wäre es wirklich sooooo persönlich ausgefallen, hätte man doch besser auf die Cover-Versionen verzichten und stattdessen ausschließlich auf Eigenkompositionen und Texte zurückgreifen sollen. Oder meinten die beiden mit dem Titel ihres Albums die musikalische Familie, in der sie sich seit ihrer Kindheit bewegen und die sie prägte? Es scheint so, denn immerhin besteht die Hälfte der Songs auf „The Family Album“ aus Cover-Versionen, die nicht wirklich mit neuen, eigenen Ideen verziert, sondern eher alt-traditionell nachgespielt werden. Das klingt schön, aber nicht aufregend oder tatsächlich interessant.
Das Problem an „The Family Album“ ist die Trägheit der Musik. Sie schleppt sich behäbig durch die Boxen unserer Anlage, so als würde ein vom Alter gebeutelter Mensch, vorsichtig auf den Rollator gestützt, seine ersten längeren Strecken zurücklegen wollen, gewissenhaft dabei aufpassend, dass auf seinem Weg keine Hindernisse liegen oder Unebenheiten auftauchen, die dann souverän und problemlos umkreist werden. Spätestens bei dem schmalztriefenden „Big Picture Window“ wünscht man dem barberschen Musik-Rollator endgültig mehr Fahrt. Doch vergebens. Und auch die schönsten Melodien des Albums stammen nicht von den Geschwistern, sondern eben von VAN ZANDT oder NEIL YOUNG. Es reichen eben nicht zwei gute Stimmen und eine gute Begleitband, um am Ende auch ein gutes Album hervorzubringen. Abwechslungsreiche Kompositionen sollten mindestens ein weiterer Bestandteil sein. Und wenn sie am Ende auch noch NEIL YOUNGs <a href="https://www.youtube.com/watch?v=a9tWpw2RRng" rel="nofollow">„Comes A Time“</a> verlangsamen, tut das Hören von „The Family Album“ fast schon weh.
FAZIT: Hoffentlich „Comes A Time“ bald für die Geschwister Barber etwas schneller und folkig abwechslungsreicher, aber nicht weiterhin in Langatmigkeit abdriftend daher. Oder war das Leben von MATTHEW BARBER & JILL BARBER tatsächlich so farblos und eintönig wie ihr „The Family Album“?
Punkte: 6/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.06.2016
Julian Brown
Matthew Barber, Jill Barber
Matthew Barber, Joey Wright
Robbie Grunwald
Dean Stone
Drew Jurecka (Violine, Mandoline, Bass-Klarinette), Robbie Grunwald (Akkordeon)
Outside / Yep Roc / H'art
41:45
24.06.2016