Was haben andere Bands, was diese nicht hat?
Platt und naheliegend: Eine Sängerin oder einen Sänger.
Was haben andere Bands, was diese nicht hat?
Unbeholfen aber zutreffend: Dieses Feeling.
Diese Band heißt COLLAPSE (wie gefühlt hundert andere auch) und stammt aus Grenoble. „The Sleep In Me“ ist ihr drittes Album.
Was diese Band spielt, lässt sich im weitesten Sinne als Postrock bezeichnen – E-Gitarrenmusik mit mehr oder weniger präsentem Synthesizer-Einsatz. So düster wie sich das Cover und Songtitel wie „Opening Wound“ oder „A Labyrinth In The Void“ ausnehmen klingt das Album fast nie, gerade erstgenanntes oder das pumpende „Closer To The End“ regen keineswegs zu melancholischen Tagträumen an. Im Vergleich zu anderen Vertretern des Genres halten sich die Franzosen an eher kurze Spielzeiten, angesiedelt zwischen fünf und zehn Minuten.
Diese Zeit wird denn auch mit allem gefüllt, was zur Verfügung steht: Crescendi, Decrescendi, Gilmour-reminiszente Soli, Keyboard-Arpeggi, plötzlich hereinbrechende Riffs und Tempowechsel…
Bei einer solchen Auflistung mögen MOGWAI in den Sinn kommen, bekannt dafür, kleinformatige, manchmal minimalistische Instrumentalepen zu produzieren. Doch wie gesagt, COLLAPSE fehlt, was die Schotten im Übermaß haben: Dieses Feeling. Konkreter ausgedrückt:
1. Die mit Ereignissen bisweilen überfrachtet wirkenden Songs haben oftmals gar keine Gelegenheit, ihre Wirkung und Atmosphäre zu entfalten, gerade das oftmals unpassend ADHS-gestörte Schlagzeug ist symptomatisch hierfür.
2. COLLAPSE warten mit viel zu wenig interessanten Melodien auf, Akkordfolgen, die schon für die nächste halbe Minute abzusehen sind und groß angelegte Aufbauten, die in etwas ziemlich Blässlichem enden, verleihen dem Album immer wieder einen Etüden-Charakter (anders gesagt: Es dudelt vor sich hin).
Gute Ansätze, interessante und emotional geladene Passagen sind trotz allem immer wieder vorhanden, gerade der Opener „Open Wounds“ weckt größere Hoffnungen, als der Rest des Albums zu erfüllen vermag.
Mit dem finalen „Sleep For Me“ scheint die Band alle meine Kritikpunkte erhört zu haben: Man lässt sich Zeit, man lässt Stimmungen sich entwickeln, in diesem Fall wirklich eher melancholisch-erhabene: Sehr schön.
FAZIT: Ein solides Post-/Instrumental Rock-Album, das abgesehen von zu wenigen Ausnahmen zu sehr wie am Reißbrett entworfen wirkt. Für Genre-Fans und zum Nebenbeihören sicher ein Antesten wert.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.05.2017
Erwann Massit
Sébastien Pierron
Vincent Coutellier
Anthony Barruel
DIY
48:48
20.01.1997