Der einzige Knackpunkt im Zusammenhang mit der vierten Scheibe von VIOLENT ATTITUDE IF NOTICED (kurz: VAIN) besteht darin, dass sich die Band anscheinend immer noch auf der Suche nach einem Drummer befindet bzw. damit abgefunden hat, diese Position nicht besetzen zu können, und nun aus der Not eine Tugend macht. Man darf argwöhnen, der programmierte Klopfgeist trage zur Eigenständigkeit der Brasilianer bei, doch zumindest in den Ohren dieses Hörers gehört der Einsatz eines Computers zu den deutlichen Schwächen von "Ourselves And Otherwise".
Das Trio spinnt keine sonderlich strammen Fäden zu einem wavigen Prog-Netz, obwohl die Gitarre mitunter stattlich hart rifft. Im Mittelpunkt stehen jedoch sowohl die Synthesizer als auch Alessandro Quelers Stimme, die etwas mehr (Aus-)Druck vertragen könnte, aber recht gut zu dem eher zurückhaltenden instrumentalen Treiben passt. Hinzu kommt, dass er ungeachtet seiner gesanglichen Mängel spürt, welche Melodien nicht nur rasch im Ohr hängenbleiben, sondern auch halbwegs unverbraucht klingen.
Darum funktioniert das eigenwillige Klanggebilde des Trios am besten, wenn es auf Klampfen-Heaviness verzichtet und konsequent zu DEPECHE MODE oder ähnlichen Acts hinüberschielt - so geschehen während 'Useless' und 'White. Yellow. Red.' mit Gastsängerin Cléo, das als Zehnminüter im Zentrum der Scheibe steht und aufgrund des minimalen Stimmeinsatzes als finsterer Soundtrack zu einem Kopfkino-Kurzfilm durchgeht. Solche eher abstrakten Kompositionen stehen VAIN letzten Endes auch am besten, also …
FAZIT: … Klappe halten, Schlagzeuger besorgen und den synthetischen Teil (bloß halt nicht im rhythmischen Bereich) weiter ausbauen, dann könnte uns in Zukunft etwas Größeres von VIOLENT ATTITUDE IF NOTICED ins Haus stehen. So bleibt das Projekt ein Kuriosum zwischen Neoprog und ausdrücklich nicht tanzbarem Electro.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.09.2017
Progressive Gears Records
43:22
01.09.2017