Geschichtsbewusster Black Metal aus Frankreich ist im Zeitalter der ganzen Post- bzw. Blackgaze-Klitsche, die Amesoeurs und Alcest an vorderster Stelle zu verantworten haben, eine Seltenheit geworden, obwohl das Land gerade in der Frühphase der zweiten Welle des Genres Anfang der 90er nahezu ausschließlich Bands hervorgebracht hat, die sich mit ihren lokalen Wurzeln beschäftigten - man denke etwa an Forbidden Site als vielleicht bekanntesten Namen unter all jenen, die nie über den Untergrund hinausgekommen sind. Wenige existieren noch heute und ziehen weitgehend unbeachtet ihr Ding durch, wohingegen diese hier mit dem richtigen Push an die Oberfläche gespült werden könnte.
"L'Esprit des Vents" hat nämlich viel für sich, was einer breiteren Masse gefallen dürfte, vor allem Melodien. Kurz nach ihrer Gründung bringen Bands mit hoher Schlagzahl neue Musik heraus, doch dann ist die Songhalde leergeräumt, und anfängliche Unbekümmertheit weicht hinderlichem Nachdenken darüber, was man als nächstes tun soll. Im Fall von AORLHAC war die Sache eigentlich klar, weil sie sich von Beginn an thematisch festgelegt hatte, doch die Mitglieder brauchten sieben Jahre für dieses Finale einer Trilogie. Jetzt hat die Gruppe ein Jahrzehnt auf dem Buckel und klingt angenehm unintellektuell.
Der alte Schlag schnalzt mit der Zunge, wenn er ihre souverän zwischen eigenwilligen Melodien und Aggression balancierte Mischung hört, denn wer sonst kann noch etwas mit dem Namen Hirilorn anfangen? Deren „Legends Of Evil And Eternal Death“ (wie passend: dieser Tage 20 Jahre alt) schimmert hier ob absichtlich oder nicht ständig durch, ohne dass man von einer Kopie sprechen müsste. Deathspell Omega sollten Frankreich erst später verkopfen.
FAZIT: Die "Wind"-Trilogie ist vollendet, womit sich AORLHAC als Fackelträger einer verloren geglaubten französischen Black-Metal-Kunst bewährt haben. Bei "L'Esprit des Vents" handelt es sich um einen melodischen Genre-Höhepunkt, der ein "altes" Feeling verbreitet und dennoch nicht abgeschmackt klingt, sondern übers Geradebiegen einer stilistischen Schieflage innerhalb der Szene nachdenken lässt. Bei allem Tiefsinn sollte es häufiger so wie hier um Songs im klassischen Sinn gehen. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/c9a564eff305471cbd9b287412ff9422" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 24.02.2018
Les Acteurs de'l Ombre
57:23
02.03.2018