(Zwischen-)Menschliches, allzu Menschliches begegnet einem in den Texten von Dorit Jakobs, parallel dazu der erwartbare lyrische Blick aufs größere Ganze, die Gesellschaft im Spiegel des Ichs oder umgekehrt. natürlich wählt die Hamburger Sängerin und Songwriterin für ihre Betrachtungen als Vehikel den klassischen Popsong und drückt sich - der Direktheit halber - in ihrer Muttersprache aus.
Während sie als Musikerin an sich durch Mitgliedschaften in diversen (Indie-Rock-)Bands Erfahrung im Komponieren, Arrangieren und natürlich auch Spielen von Instrumenten hat, betritt Jakobs mit deutschsprachigem Liedgut bis zu einem gewissen Grad Neuland, wobei jeder und jede, die das tun, auf einem schmalen Grat wandeln, weil die musikinteressierte Öffentlichkeit in solchen Fällen doppelt so genau hinhört, doch was die Mittdreißigerin unter dem hochtrabenden Titel "Im Aufruhr der Lethargie" zu Werke gebracht hat, unterscheidet sich zum Glück von dem salbungsvollen Schwulst und pseudo-romantischen Kuschelkurs, den die Afterkünstler dieser Republik seit einigen Jahren im Akkord produzieren.
Im Rahmen durchaus kunstvoll konstruierter Liedstrukturen, die vorwiegend mit Gitarre und bisweilen einer Orgel ausgekleidet wurden, verarbeitet Jakobs ohne übertrieben leidenschaftliche Gesten, aber dennoch poetisch, was sie persönlich und im sozialen Bereich beschäftigt, wovon man sich in gleichem Maß ansprechen lassen kann wie von der Musik selbst. Ist der freundliche, insgesamt auf positive Gefühle und Spenden von Zuversicht ausgerichtete Sound auch nichts Neues, darf man das Album von jeglicher Abgeschmacktheit freisprechen.
Die Musik trägt sich von ganz allein, so wie es stilistisch Ähnliches aus dem Ausland tut, das man sich ungleich weniger kritisch gefallen lässt als all die selbsternannten Singer-Songwriter aus dem Inland in letzter Zeit. Dorit Jakobs ist eher Judith Holofernes als etwa neulich ihre Nachbarin Antje Schomaker.
FAZIT: Die Songs auf "Im Aufruhr der Lethargie" ergeben einen repräsentativen Ausschnitt dessen, was eine intelligente junge Städterin dieser Tage durch den Kopf geht, lassen sich aber auch "einfach so" hören, genießen und mitsingen - dank gefälliger Melodien, smarter kompositorischer Kniffe, einer dynamischen Komposition und ganz einfach sympathischen Stimme.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 13.08.2018
Grand Hotel Van Cleef / Indigo
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03.08.2018