Bedenkt man, dass die Frühwerke Genesis, Yes oder Pink Floyd bereits in den 1990ern als unbestreitbar stilprägende Werke von Rock-Dinos galten, muss man GÖSTA BERLINGS SAGA auch zu den Fossilien zählen, nun da sie bald 20 Jahre alt/jung werden. Dessen ungeachtet spielen die Schweden im fünften Anlauf ein traditionelles Blatt, ohne sich vor potenziellen Hörern jüngeren Semesters zu verzocken. „Et Ex“ wirkt zwar weniger arglos wie seine Vorgänger, doch seine stellenweise ländlich idyllische Anmutung steht geradezu bezeichnend für den Prog Skandinaviens.
Umgekehrt mag es sein, dass die Stockholmer ihre stattliche Heaviness auf die Enfants Terribles King Crimson zurückführen möchten, aber der durchweg moderne Klangcharakter der Scheibe lässt sich nicht leugnen. Mastering-Expertin, Björk- und The Mars Volta-Zuarbeiterin Heba Kadry verlieh dem Material den letzten klanglichen Schliff, was betreffs der Eigenwahrnehmung der Gruppe tief blickenlässt … und Tiefe ist ein gutes Stichwort im Zusammenhang mit den Songs. Sie durchwandeln oft lichtlose Gefilde und strahlen das Bildhafte eines Filmsoundtracks aus, ohne zu solchen (Gesamtwerken also) zu verschmelzen.
Wenn ausnahmsweise eine Stimme ertönt, dann brüllend (!) wie im regelrecht brutalen ‚The Shortcomings Of Efficiency‘, das prompt und folgerichtig vom federleicht technoiden ‚Square 5‘ und später mit ‚Capercaillie Lammergeyer Cassowary & Repeat‘ (skurrilster Titel des Jahres?) relativiert wird. Daraus ergibt sich ein stetes Auf und Ab, ein Pendeln zwischen Sounddichte und kargen Geräuschkulissen, wobei nicht einmal letztere melodischen oder harmonischen Schmelz missen lassen. Wenn man den Machern also nur eines bescheinigen möchte (und ihre somit nicht würden würde, wie erfinderisch sie sind), dann dass sie wie keine andere Instrumentalband klingen – mutig ohnegleichen.
FAZIT: GÖSTA BERLINGS SAGA definieren das, was man sich landläufig unter "Instrumental Rock" vorstellt, spätestens mit "Et Ex" neu, weil sie praktisch alle Konventionen meiden, die sich unter Bands ohne Sänger über die Jahre hin eingebürgert haben. Muss man schlichtweg gehört haben, dieses Wunderding. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/88711618d71b462abbb42c236863b85f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.10.2018
Inside Out / Sony
47:27
12.10.2018